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Ein sehr guter Text Prosa

4 Übungen für kreatives Schreiben

Kreatives Schreiben braucht Übung. Diese vier Schreibübungen helfen deiner Kreativität langfristig auf die Sprünge.

Kreatives Schreiben bedarf der Übung – Meister fallen nicht vom Himmel. Daher findest du in diesem Artikel vier Schreibübungen, die deiner Kreativität langfristig auf die Sprünge helfen.

Am wichtigsten ist dabei: Lass dir Zeit und setz dich nicht unter Druck. Du musst nicht morgen zum Bestsellerautor werden, der in Parataxen und Ellipsen die ganz großen Sterne vom Himmel schreibt. Was? Eben.

Deshalb sind auch die hier versammelten Übungen für kreatives Schreiben keine grammatischen Exkurse, sondern orientieren sich an der Praxis. Diese Praxis des kreativen Schreibens beginnt meist mit einer Idee.

1. Schreibübung für kreative Ideen

Denn ohne Idee ist alles Schreiben ziellos. Je nach Genre gibt es verschiedene Regeln und Ansätze, um passende Ideen zu formulieren. Etwa bei den Ideen für eine Kurzgeschichte. Doch um irgendwann mühelos kreative Ideen zu generieren und im Alltag zu erkennen, musst du zuerst üben – also schreiben. Was wie ein Teufelskreis klingt, lässt sich durch die folgende Übung leicht erlernen.

Die Seele einer Idee (oder vielleicht des Schreibens an sich) ist immer die Reibung mit dem Common Sense. Also mit dem, was im Alltag für selbstverständlich gehalten wird oder für wahr. Denken wir an Es von Stephen King: Normalerweise sind Clowns nette Gestalten, die Kinder belustigen. In Kings gleichnamigem Roman frisst ein Clown die Kinder. Das lässt sich noch weiterspinnen. Normalerweise stellen wir uns als Kinder unseren Ängsten nicht. Doch in der Kleinstadt Derry, in der der Clown sein Unwesen treibt, hat genau diese Weigerung zu Erwachsenen geführt, die ihre Ängste unbewusst und ungefiltert an ihre Kinder weitergeben und dem Clown damit in die Arme treiben. Soll dies ein Ende haben, müssen die Kinder lernen, sich ihren Ängsten zu stellen.

Wie also kannst du üben, Ideen für dein kreatives Schreiben zu erkennen? Indem du eine Alltagssituation, eine Alltagswahrheit oder etwas sehr Herkömmliches in einem Satz auf ein Blatt Papier schreibst. So zum Beispiel:

Alle Schwäne sind weiß.

Dann hast du den Rest des Blattes Platz und Zeit und die heilige Pflicht, diesen Satz in sein absolutes und höchst absurdes Gegenteil zu verkehren.

„Alle Schwäne sind weiß.“

Wenn alle Schwäne weiß waren, dann musste ich geträumt haben. Ich war mir sicher, letzte Nacht einen goldenen gesehen zu haben, einen goldenen Schwan mit schwarzem Schnabel, und er schnatterte. „Gibt es nicht auch goldene?“, fragte ich. Ihre mich belächelnden Mundwinkel hatten überhaupt nichts goldenes. „Hat dir deine Mutter wieder Rotwein ins Fläschchen getan?“ Rotwein, Fläschchen – wer wusste das schon mit Sicherheit. Sicher war nur, dass sie log. In meiner Fantasie gab es alles. Sogar Privatlehrerinnen ohne Rabengesicht.

fiktives Beispiel

Spontan, ohne es zu beabsichtigen, habe ich innerhalb von 3 Minuten ein ganzes Panorama aufgetan, nur um die ursprüngliche Aussage zu widerlegen. Einen Protagonisten, eine Antagonistin, deren jeweilige Charakterisierung und ihre Beziehung zueinander. Auch ein Konflikt klingt schon an: Der Protagonist hat eine blühende Fantasie, die im seine Lehrerin austreiben will.

2. Übung für kreative Beschreibungen

Die beste Charakterisierung und der schönste Konflikt verfangen nicht, wenn Jedermannsbeschreibungen alles Individuelle aus deinem Manuskript tilgen. Ein Beispiel:

Die Sonne brannte. Er war schweißnass. Er sehnte sich nach einer kalten Dusche, nach einem Sprung ins kühle Nass. Vergeblich.

fiktives Beispiel

In dieser kurzen Schilderung tummeln sich Jedermannsbeschreibungen und geflügelte Wörter: die Sonne brennt, er ist schweißnass, das kühle Nass. Ich nenne das lazy writing, weil der Autor nicht die eigene Kreativität bemüht, sondern quasi abschreibt. Bei Redensarten, tausendfach gehörten Formulierungen usw. Ein guter Autor wird das vermeiden:

Die Sonne schien ihn auszulachen. Seine Augenbrauen hatten Mühe, die Schweißperlen aufzuhalten, die seine hohe Stirn hinunterrasselten. Für eine kalte Dusche hätte er alles getan, sogar mit dem Bates Motel vorlieb genommen.

fiktives Beispiel

Man kann es auch übertreiben (im Beispiel ist es an der Grenze), aber dennoch: Die zweite Version erweckt eine Figur zum Leben, der Leser gewinnt eine Vorstellung des Protagonisten. Deshalb sind eigenwillige, individuelle Beschreibungen und Schilderungen so wichtig.

Doch auch das muss man üben. Das geht so:

Schreibe einen Satz auf ein Blatt Papier, der zwei gewöhnliche, altbekannte Beschreibungen enthält. Dann formuliere ihn so um, dass er nichts mehr mit der ursprünglichen Version gemein hat. Stattdessen sollten die beiden Kernaussagen erhalten bleiben, aber auf absurde Weise umschrieben werden:

Der See lag still vor ihm, von Fischen keine Spur.

fiktives Beispiel

Gemäß der Aufgabe wird daraus:

Der See lag so ruhig, dass er begann, die Rotation der Erde anzuzweifeln – dass das Leben aus dem Wasser gekommen war, schien ihm ebenfalls eine Lüge, vernahm er doch nicht einmal die Verwirbelungen eines emsigen Einzellers.

fiktives Beispiel

3. Übung, um kreative Plots zu schreiben

Grundlegende Ideen und schillernde Beschreibungen allein machen noch keine Geschichte. Dazu braucht es Plot. Ein Plot besteht grob betrachtet aus einem Protagonisten (P), einem auslösenden Ereignis (X), einem Ziel (Z), einem Hindernis (Y) und einem Mittel zur Erreichung des Ziels (M).

Ganz schön viel Konstrukteurs-Arbeit. Etwa, wenn du mit der ersten Schreibübung tatsächlich eine Idee gefunden hast, die du zu einer Geschichte ausbauen willst. Auch das will gelernt sein. Folgende Übung hilft dir dabei:

Schreibe eine profane Aufgabe in der Ich-Form auf ein Blatt Papier. Dann zerpflücke sie, indem du sie mit den genannten Plot-Elementen anreicherst. Ein Beispiel:

Ich muss Druckertoner besorgen.

fiktives Beispiel

Ich, notorisch klamm (P), muss Drucktertoner besorgen (Z), als er mir beim Drucken meiner Bewerbung ausgeht (X). Also lenke ich meinen Nachbar (Y) ab, und versuche, den Toner aus seinem Drucker zu klauen (M).

fiktives Beispiel

So machst du dich mit den grundsätzlichen Anforderungen des Plottings vertraut. Nach ein paar Durchgängen kannst du die Schwierigkeit erhöhen. Anstatt einer profanen Alltagsaufgabe, notierst du eine absurde, ungewöhnliche Aufgabe:

Ich muss noch den Porno in die Videothek zurückbringen.

fiktives Beispiel

Ich, sexuell verklemmt (P), muss den Porno ungesehen in die Videothek zurückbringen (Z), da die Ausleihfrist heute abend abläuft (X). Dafür will ich mich durch den Kurpark schleichen (M), doch es ist Dorffest und Alina hat ein Auge auf mich geworfen (Y).

fiktives Beispiel

Indem du die Aufgabe abwandelst, zwingst du dich gleichzeitig, interessantere Plots zu entwerfen. Falls du dich intensiver mit Plottheorie beschäftigen willst, lohnt sich ein Blick auf meinen Artikel über die sogenannte Log Line, die all die hier genannten Elemente enthalten muss und ohne die keine Geschichte funktioniert.

4. Schreibübung für interessante Figuren

Gut: Wir haben einen Plot, individuelle Beschreibungen und eine grundsätzliche Idee. Was fehlt? Richtig, interessante Figuren.

Wie werden Figuren interessant? Durch Besonderheiten, Schwächen, Stärken, alte Verletzungen und Lektionen, die sie zu lernen haben, wenn sie an ihr Ziel kommen wollen.

Eine Figur zu entwerfen, ist daher eine Mammutaufgabe. Um nicht von ihr überwältigt zu werden, kannst du das im Kleinen üben.

Notiere den Namen des für dich langweiligsten realen Prominenten auf ein Blatt Papier, samt seines Berufs. Dann beginne, ihn interessant zu machen, in dem du ihm ein Ziel, eine Schwäche, eine Stärke, eine alte Verletzung und eine zu lernende Lektion unterjubelst.

K. Franzmeier* ist Politiker.

*Name von der Redaktion geändert

K. Franzmeier ist ein Politiker, der sich gekonnt für die Einführung einer Klößchensteuer einsetzt, obwohl er selbst an einer ungesunden Schwäche für Klößchen leidet. Diese Schwäche geht darauf zurück, dass er für gute Noten früher keine Zuneigung bekam, sondern eine Belohnung in Form von Klößchen. Doch um den Chef-Lobbyist der Klößchenvereinigung auszustechen, der ihn mit lebenslangen Klößchenvorräten becirct, muss er lernen, dass es andere Wege der Belohnung gibt: die Zuneigung der vor zu viel Klößchenkonsum bewahrten Bürger.

fiktives Beispiel

Zugegeben, das Beispiel ist absurd. Aber es zeigt die Dynamik, die man einem Charakter andichten muss, um ihn interessant zu machen. Gleichzeitig entsteht schon eine Art Plot, denn so sollte es sein: Deine Figuren bzw. dein Protagonist und dein Antagonist ergeben den Plot deiner Geschichte.

5. Zusammenfassung

Mit diesen vier einfachen Übungen für kreatives Schreiben kannst du dich für größere Aufgaben rüsten. Bei allen Übungen geht es darum, Profanes, Alltägliches in etwas Interessantes zu verwandeln. Denn genau das ist das Wesen der Kreativität und des Storytellings: Die Realität so abwandeln, dass sie interessant wird.

Anbei noch einmal die einzelnen Übungen:

  1. Ideenfindung: Schreibe eine Alltagssituation, eine Alltagswahrheit oder etwas sehr Herkömmliches in einem Satz auf ein Blatt Papier. Dann nutze den restlichen Platz, um diesen Satz in sein absolutes und höchst absurdes Gegenteil zu verkehren.
  2. Kreative Beschreibungen: Schreibe einen Satz auf ein Blatt Papier, der zwei gewöhnliche, altbekannte Beschreibungen enthält. Dann formuliere ihn so um, dass er nichts mehr mit der ursprünglichen Version gemein hat, sondern absurde, eigenwillige Beschreibungen der Kernaussagen enthält.
  3. Plot: Schreibe eine profane Aufgabe in der Ich-Form auf ein Blatt Papier. Dann zerpflücke sie, indem du sie mit den Plot-Elementen anreicherst: Protagonist, auslösendes Ereignis, Ziel, Mittel, Hindernis.
  4. Figuren: Notiere den Namen des für dich langweiligsten realen Prominenten auf ein Blatt Papier, samt seines Berufs. Dann beginne, ihn interessant zu machen, in dem du ihm ein Ziel, eine Schwäche, eine Stärke, eine alte Verletzung und eine zu lernende Lektion unterjubelst.

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