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Lektorat Roman: Kosten, Zeitpunkt, Pro und Contra

In diesem Beitrag erfährst du alles, was du über das professionelle Lektorat deines Romans wissen musst. Kosten, Vorteile, Zweck, idealer Zeitpunkt und vieles mehr. Nutze das Inhaltsverzeichnis, um zu dem Punkt zu springen, der dich am brennendsten interessiert.

1. Welche Vorteile hat ein Lektorat deines Romans?

Wir alle träumen von dieser einen Nacht, in der uns die Muse übermannt und wir in wenigen Stunden eine perfekte Geschichte zimmern. Letzter Punkt, eine letzte Zigarette: Es ist vollbracht.

Die Realität sieht in 99 % der Fälle anders aus. Jeder sehr gute Text, aber vor allem ein sehr guter Roman, ist auf ein Lektorat angewiesen. Zu viele Fallstricke lauern auf den Autor, zu wenige Augen hat er in seinem Kopf. Fragen gibt es etliche:

  • Sind alle Figuren klar charakterisiert? Haben sie eindeutige Stimmen?
  • Gibt es einen Konflikt? Oder fünf?
  • Stehen Antagonist und Protagonist in einer spannungsgeladenen Beziehung zueinander?
  • Hast du eine Log Line?
  • Passt der Inciting Incident zu deinem Protagonisten und dem Rest der Story?
  • Funktioniert der erste Plot Point?
  • Hast du gute Dialoge geschrieben? Oder erwarten den Leser überladene Inquits und fehlende Beschreibungen?
  • Steht für jede Figur etwas auf dem Spiel? Steht generell genug auf dem Spiel?
  • Können Vergleiche durch Metaphern ersetzt werden?
  • Wird ausreichend oft gezeigt, was passiert oder zu viel nur gesagt (Show, don’t tell!)?
  • Gibt es Infodumping?
  • Hast du in Wahrheit einen Film geschrieben (nur visuelle Eindrücke beschrieben) oder werden alle fünf Sinne angesprochen?
  • Sind manche Passagen übererklärt, sodass der Leser aus der Geschichte geworfen wird? Oder ist das Gegenteil der Fall?
  • Ist das Setting klar, bevor die Action losgeht?
  • Verwässern Jedermanns-Beschreibung das geschilderte Erleben der Figur?
  • Stören Filterverben die Unmittelbarkeit?
  • Können Adjektive und Adverbien durch starke Verben oder präzise Substantive ersetzt werden?
  • Ist jede Handlung der Figuren motiviert oder haben sich zufällige, kontextlose Entscheidungen eingeschlichen?
  • Traust du dich etwas, oder erzählst nur, was schon bekannt, lässt dich in banalen Allgemeinplätzen aus?

Diese Fragen bilden nur einen kleinen Auszug der möglichen Ansatzpunkte für ein professionelles Lektorat deines Romans. Hinzu kommen noch Zeichensetzung, Absätze, Sprachstil, Reihenfolge der Szenen, der Anfang, das Ende, und wieder von vorn.

Für all diese Dinge ein Feedback zu erhalten, ist unentbehrlich. Es sei denn natürlich, gestern Nacht hat die Muse bei dir übernachtet.

Denn durch das Lektorat und die anschließend von dir vorgenommene Einarbeitung der Korrekturen und Verbesserungsvorschläge wird dein Roman auf ein neues Level gehoben. Dinge, die dir nie aufgefallen sind, treten jetzt deutlich zutage. Vielleicht hast du denselben Kommafehler immer wiederholt – der ist jetzt getilgt. Aber darum geht es nicht. Einen Roman zu lektorieren, bedeutet, die Geschichte, die du darin erzählst, rund zu machen. Und die Sprache, die du dafür verwendest, angemessen zu gestalten.

Was heißt das konkret? Alle denkbaren Beispiele aufzuzählen, ist unmöglich. Aber es ist zum Beispiel denkbar, dass dein Fantasy-Roman eine bildhafte Geschichte über magische Wesen und übersinnliche Kräfte entspinnt, dein Held am Ende aber dank seiner Mathekünste die Welt rettet. In diesem Fall weise ich dich darauf hin, dass Mathematik vielleicht Hexenwerk sein mag, aber gewiss nicht die geeignete Fähigkeit für einen fantastischen Helden.

Vielleicht schreibst du auch einen Krimi aus der Sicht eines Serienmörders. Und schwelgst in zuckersüßen Versen voller Mitgefühl und Empathie, wenn du dessen Opfer beschreibst. Was natürlich nicht geht, denn er ist ein Psychopath.

Das sind vergleichsweise einfache Beispiele. Technischer und komplizierter wird es, wenn die Struktur deines Romans nicht funktioniert. Plot Points, Inciting Incident und Character Growth sind nur einige Vokabeln, die ich dir bei einem Lektorat ausgiebig erläutere, bevor ich dich auf damit verbundene Mängel in deinem Werk hinweise.

Insgesamt verändert ein Lektorat deinen Text daher grundlegend, ohne jedoch deine Idee, deine Prämisse oder deine Sprache auszuradieren. Im Kern bleibt es deine Geschichte. Das beschreibt auch die Grenzen eines Lektorats: Es kann Bestehendes größer, besser, schöner machen. Aber es schöpft nichts Neues und macht aus einem Groschenroman kein Nobelpreisträgerwerk (oder umgekehrt).

2. Wann lohnt sich ein Lektorat, wann nicht?

Eines sei vorab gesagt: Wenn du vorhast, deinen Roman in einem traditionellen Verlag zu veröffentlichen und diesem Vorhaben sehr gute Chancen einräumst, ist ein Lektorat nichts für dich. Denn ein Lektorat übernimmt in solchen Fällen der Verlag (und damit auch die anfallenden Kosten).

Allerdings gibt es viele Autoren, die zwar eine traditionelle Veröffentlichung im Sinn haben, ihre Chancen jedoch weniger rosig ansetzen und daher nach einem Weg suchen, diese zu maximieren. In solchen Fällen kann ein Lektorat Sinn ergeben (neben einem ordentlichen Anschreiben, einer gut recherchierten Auswahl der angefragten Verlage bzw. Agenturen und dem Einhalten der Vorgaben für eingesandte Manuskripte). Denn schließlich gilt auch im Verlagswesen: Gute Texte werden immer gesucht. Also sollte dein eingereichter Roman so gut wie möglich sein. Zwar erkennen die Agentur- und Verlagsmitarbeiter auch in einem noch nicht ausgereiften Manuskript das vorhandene Potenzial. Dennoch kommt es häufig zu Ablehnungen, weil grundlegende Dinge in der Geschichte nicht funktionieren – hier schafft ein Lektorat Abhilfe.

Generell ist festzuhalten, dass ein Lektorat eine einmalige Gelegenheit bietet, Neues über das Schreiben, über dich als Autor und die Wirkung deiner Texte auf andere zu lernen. Ein derart detailliertes Feedback erhältst du weder in Ablehnungsschreiben noch in Zusagen noch von Probelesern oder Freunden – es ist schlicht zu viel Arbeit. Und diejenigen, die bereit wären, derart viel Zeit für dich zu investieren, halten sich gerade deshalb mit Kritik zurück.

Das bedeutet aber auch, dass es wenig Sinn ergibt, im Januar mit dem Schreiben zu beginnen und im Februar einen Roman von mir lektorieren zu lassen. In diesem Fall wirst du noch nicht genug über das Schreiben wissen und deine Schreibe wird nicht ausgereift genug sein. Im Lektorat würde ich dich also auf Dinge hinweisen, die du mit ein bisschen Googeln und Selbststudium selbst hättest herausfinden können (Rechtschreibung, Zeichensetzung, aber auch Konflikttheorie oder Figurenentwicklung). Idealerweise hast du dir also die Hände bereits ordentlich schmutzig gemacht, damit ich dir zeigen kann, wie du an manchen Stellen besser vorankommst. Und ich dir nicht erklären darf, dass deine Hände zehn Finger haben.

Als Selfpublisher ist ein professionelles Lektorat – egal, was andere sagen – unabdingbar. Natürlich kannst du deinen Roman für dich und deine Familie auch so drucken lassen. Wenn du allerdings Bücher verkaufen willst, brauchst du ein Lektorat (und ein professionelles Cover). Amazon, Thalia und die anderen Anbieter sind voll von selbstpublizierten Titeln. Und diese sind mitunter voll von Rechtschreibfehlern, schiefen Vergleichen und Sinnabrissen – weshalb sie niemand kauft. Oder eine unbescholtene Leserin, die mit einer 1-Sterne-Bewertung reagiert.

3. Der richtige Zeitpunkt für ein Lektorat

Das führt uns zu einer verwandten Frage. In welchem Stadium sollte dein Roman sein, wenn du ihn lektorieren lässt? Nun, wenn du gerade den letzten Satz geschrieben hast, ist er natürlich noch lange nicht fertig. Aber er ist auch noch nicht bereit für ein Lektorat. Diese erste Fassung, Kapitel 42 abgeschlossen, Weltuntergang abgewendet, wimmelt von Fehlern. Rechtschreibfehler, natürlich. Aber auch Dinge wie: Francis hat grüne Augen auf Seite 3. Auf Seite 73 aber blaue. Oder du hast drei Seiten darauf verwendet, Sarahs Leidenschaft für Tee zu beleuchten – um sie dann unter Druck als Kaffeejunkie darzustellen.

Von derlei Arbeit sollte deine Lektorin befreit sein. Das kannst du selbst erledigen. Also betrachte dein Werk nicht als abgeschlossen, nur weil du den letzten Punkt getippt hast. Auch wenn du es nicht erwarten kannst: Lass es liegen. Vergiss es. Geh raus spielen. Besuch deine Eltern. Und kehre vier oder sechs Wochen später zurück an den Schreibtisch, um dich selbst zu lektorieren.

Die so entstehende zweite Fassung wird ihre Kinderkrankheiten los sein. Sie wird den Blick eines Profis gebrauchen können. Und der Profi wird seine Arbeit erledigen können. Denn auch nach all den mit Texten und Storys verbrachten Jahren kann ein Lektor immer nur ein gewisses Maximum an Verbesserungen erreichen. Wenn dein Manuskript vor lauter vergessenen Verben unverständlich ist, wird er nicht dazu kommen, sich über die Charaktereinführung Gedanken zu machen.

Solltest du über außerordentlich viel Sitzfleisch und Ausdauer verfügen, kannst du dich darüber hinaus an untenstehender Grafik orientieren. Sie zeigt den optimalen Ablauf vor einem Lektorat, der mehrere Revisionsrunden und das Feedback von Freunden einschließt.

to-do-Liste vor dem Lektorat

Leicht erliegt man als mühsam mit dem leeren Blatt ringende Autorin der Fehleinschätzung, das Abfassen der ersten Version sei die wichtigste und schwierigste Aufgabe. Während es für manch einen Schreiberling tatsächlich die schwierigste ist, ist es (die mysteriöse Muse außen vor gelassen) in keinem Fall die wichtigste Aufgabe. Das, was nach der ersten Runde aufs Papier gebracht wurde, bildet das Fundament, auf dem sich der Wolkenkratzer namens Roman erheben kann. Die folgende Grafik zeigt die Bedeutung der oben bereits angesprochenen Revisionsschleifen im Uhrzeigersinn. Allein das Selbstlektorat und das Feedback von Freunden übersteigen in ihrer Relevanz demnach bereits jene der ersten Rohfassung. Macht man sich dies bewusst, wird deutlich, wie viel Arbeit in einem fertigen Roman steckt und wie wenig Sinn es ergibt, eine erste Version lektorieren zu lassen oder auch nur Freunden zum Lesen zu geben.

Roman Bedeutung des Lektorats

Idealerweise hast du außerdem keinen Zeitdruck. Je nach Umfang des Romans und Ausmaß der Anmerkungen kann ein Lektorat 4-8 Wochen in Anspruch nehmen. Hinzu kommt die Zeit, die du benötigst, um dich mit dem Lektorat auseinanderzusetzen.

4. Wie finde ich den richtigen Lektor?

Gestatten Sie mir, mich vorzustellen. Nein, im Ernst: Autor/in und Lektor/in müssen zueinander passen. Dabei geht es jedoch nicht um Stil, Geschmack oder dergleichen. Ein guter Lektor passt sich seiner Autorin und deren Manuskript an. Entscheidender sind eine klare Absprache über die Ziele des Lektorats (siehe Punkt 6), die Vorgehensweise und ein kurzer Einblick in die zu erwartende Lektoratsarbeit. Deshalb biete ich allen potenziellen Kunden ein kostenloses und unverbindliches Probelektorat von wenigen Seiten an (einfach das Manuskript unter kontakt@lektorat-bauer.de einsenden). Das ist wichtig für dich als Autor. Aber auch ich als Lektor kann den erforderlichen Zeitaufwand kalkulieren, das Stadium einschätzen, in dem sich dein Roman befindet und dir eine bestimmte Art von Lektorat empfehlen. Mitunter kommt es auch vor, dass ich eine Lektoratsanfrage ablehne, weil der Text noch voller einfacher Fehler ist und von einem Lektorat nicht sonderlich profitieren würde.

Ein Wort noch zu großen Agenturen, die ein Heer von Freelancern beschäftigen: Auch dort finden sich einige leidenschaftliche Lektorinnen. Allerdings muss dir klar sein, dass die Agentur einen Teil des von dir gezahlten Honorars einbehält. Die Lektorin wird daher oft nicht genug verdienen, um von dieser Art von Aufträgen ein Auskommen zu bestreiten. Deshalb ist sie entweder gezwungen, mehr Text in weniger Zeit abzuarbeiten, worunter naturgemäß die Qualität leidet. Oder sie wird nur nebenberuflich lektorieren und daher womöglich nicht die nötige Erfahrung haben, deinen Roman umfassend und durchdringend zu lektorieren. Daran ist nichts falsch: Manchmal besuchen wir Backshops, wenn es schnell gehen und satt machen soll. Aber wenn die Familie zum Brunch kommt, gehen wir zum Handwerksbäcker.

5. Was kostet ein Lektorat eines Romans?

Das führt uns zum nächsten Punkt: Die Kosten eines Lektorats. Bei den großen Agenturen kann man mit 3 € pro Normseite (1.800 Zeichen mit Leerzeichen) davonkommen. In einer Stunde Arbeitszeit schafft ein Lektor circa 10 Normseiten. Von diesen 30 € sieht der Lektor aber nur einen Anteil. Mit einem Stundenlohn von 10-20 € ist man als Angestellter zwar schlecht bis durchschnittlich aufgestellt. Als Freelancer bzw. Freiberufler verhungert man jedoch: man bezahlt alle Betriebskosten selbst, muss von der 40-Stunden-Woche einen beträchtlichen Teil in Akquise, Website und Bürokratie investieren. Im Endeffekt arbeitet man also für weniger als den Mindestlohn. Unter diesen Bedingungen kann nur in Ausnahmefällen ein gewinnbringendes Lektorat entstehen.

Vernünftige Preise für ein Lektorat liegen daher bei 6,50 € brutto pro Normseite. Das Lektorat eines Romans mit 300 Normseiten kann somit schnell 1.800 € kosten. Das ist viel Geld. Doch bei den günstigeren Anbietern zahlst du 900 € für ein halbgares Endprodukt. Wer Plastik kennt, kauft Stahl.

Wenn du studierst, in Ausbildung bist oder nachweislich nur ein geringes Budget zur Verfügung hast, sind bei mir auch Preise von 5 € pro Normseite möglich. Scheue dich nicht, das anzusprechen!

Ein immenser Kostentreiber ist Zeitdruck. Wochenendarbeit oder Nachtschichten jagen die Vergütung nach oben: Ich sehe meine Familie nicht, muss Essen bestellen, der Stresslevel steigt. Dem entgehst du mit einer vorausschauenden Planung.

6. Welche Art von Lektorat ist die richtige?

Es gibt verschiedene Arten von Lektoraten. Zunächst muss zwischen Lektorat und Korrektorat unterschieden werden. Letzteres kümmert sich um Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung und mitunter auch um Gendern, Richtlinien und dergleichen. Inhalt, Stil und Struktur lässt es unverändert. Deshalb ist es deutlich günstiger als ein Lektorat, sollte aber auch erst als letzter Schritt vor einer Publikation bzw. Einreichung erfolgen. Denn wenn du anschließend den Text wieder veränderst, schleichen sich auch wieder genau die Fehler ein, die das Korrektorat beseitigen soll. Ein Korrektorat biete ich nicht an, da ich intensiver mit den Texten arbeiten will.

Natürlich korrigiert auch ein Lektorat jene Fehler, die ein Korrektorat prüft. Allerdings geht es nicht in erster Linie um Fehlerfreiheit im Sinne des Duden, da ohnehin davon auszugehen ist, dass der Autor den Text anschließend noch einmal deutlich überarbeitet.

In Deutschland unterscheidet man ein solches Lektorat noch nach dem zugrundeliegenden Text: Wissenschaftliches Lektorat, Literaturlektorat, Werbelektorat etc. Diese Einteilung ist eher eine Beschreibung des Ziels des jeweiligen Textes. Beim Werbelektorat geht es darum, zielgruppengerechte Sprache sicherzustellen. Beim wissenschaftlichen Lektorat stehen Zitierweise und Argumentation im Mittelpunkt.

Für das Lektorat eines Romans ist eine andere Unterscheidung sinnvoller: jene nach der Mikro- und Makroebene. Auf der Mikroebene betrachtet das Lektorat einzelne Sätze: Stil, Adjektive, Vergleiche, Konstruktion, Sinnhaftigkeit, „Show, don’t tell“. Auf der übergeordneten Makroebene geht es um das Manuskript als Ganzes: die Stimme der Figuren, der Plot, die Entwicklung des Protagonisten, der generelle Stil, Konsistenz, Kohärenz etc.

Es kann sinnvoll sein, den Fokus des Lektorats auf eine dieser beiden Ebenen zu legen, etwa wenn du Schwierigkeiten hast, die Handlung deines Romans zusammenzufassen (ein untrügliches Zeichen für Nachholbedarf) oder wenn es sich eher um ein Exposé handelt. Generell umfasst ein Lektorat bei mir aber immer sowohl die Mikro- als auch die Makroebene, wenn nicht anders abgesprochen.

7. Macht ein Lektorat meinen Text zu Einheitsbrei?

Wenn sich die Lektorinnen dieser Welt auf bestimmte Regeln einigen können und damit die Texte lektorieren – was passiert dann mit deinem eigenen Stil, deinen Ideen? Das ist eine berechtigte Frage. Das Gleiche könnte man über die Schreibratgeber dieser Welt sagen. Doch ein guter Lektor wird sich stets deiner Idee, deinem Roman und deinem Stil anpassen. Für mich verläuft die Grenze zwischen Eigenheit und Korrekturbedarf entlang einer simplen Frage: Handelt es sich um einen Fehler?

Bei Rechtschreibfehlern ist diese Frage leicht zu beantworten, ein Blick in den Duden genügt. Doch was ist mit stilistischen Fragen, Story, Figuren? Ein Autor hat mich mal gefragt, ob ich Kapitelüberschriften befürworte oder ihm zu bloßen Ziffern rate. Ich habe ihm geantwortet, diese Frage sei nur im Kontext seines Romans zu beantworten. So verhält es sich mit vielen Punkten, auf die ein Lektorat achtet: Die Einzelteile müssen zueinander passen. Dort, wo ein Lektorat vereinheitlichend wirkt, beseitigt es also lediglich Fehler. Etwa Infodumping, fehlende Motivationen oder ausschweifende Inquits. Diese Dinge sind objektiv falsch, und jede gute Lektorin sollte sie kritisieren. Sie sind auch das Einzige, wovon Schreibratgeber handeln sollten: von der falschen Art zu erzählen. Oder genauer gesagt: von den unweigerlich fehlschlagenden Versuchen zu erzählen.

Alles andere, Erzählendes also, muss mit sich selbst abgeglichen werden. Funktioniert es? Wirkt es? Könnte es besser funktionieren? Wie? Das führt letztlich zu der Frage, ob sich die jeweilige Eigenheit begründen lässt. Ein guter Lektor wird diese Frage stellen.

8. Kann das nicht auch ChatGPT?

Was ChatGPT kann und was nicht, habe ich in einem Artikel fürs literaturcafe genauer beschrieben. Die Kurzform lautet: ChatGPT kann das Wahrscheinliche ausspucken, aber Schreiben und damit Kreativität leben vom Unwahrscheinlichen. Einzigartige Figuren (etwa ein High-School-Lehrer, der anfängt Meth zu kochen), aufregende Prämissen oder auch nur stimmige Bilder wird ChatGPT dir also nicht ausspucken. Der Bot kennt nur die Wiederholung, im besten Fall das Remixen des Altbekannten.

Dagegen mag man einwenden, das in der Postmoderne alles Remix sei, und überhaupt alles schon erzählt. Das mag in gewisser Hinsicht stimmen. Aber es stimmt auch nicht. Denn die Prämisse, dass ein Wissenschaftler aus Fossilien echte, lebenden Dinosaurier klont, diese in einem sensationellen Vergnügungspark unterbringt und dann einiges schiefläuft, gab es nicht, bevor Steven Spielberg Jurassic Parc drehte.

Wenn du also ChatGPT bemühst, um Schreibideen zu finden oder Plots zu entwerfen, wirst du nie auf deinen Jurassic Park stoßen. Sondern immer nur auf den Aufguss vom Aufguss. Bis du selbst glaubst, man könne nichts Originelles mehr erzählen.

Stichwort deinen: Die Verwendung von ChatGPT bringt auch rechtliche Probleme mit sich. Wem gehören die Texte von ChatGPT? Und kannst du Urheberrecht für von ChatGPT entscheidend mitgestaltete Texte beanspruchen?

Als Lektoratsbot eignet sich ChatGPT ebenso wenig. Die Änderungen sind nicht nachverfolgbar, aber gravierender noch: Der Bot versteht nicht, was du geschrieben hast. Er kann also nicht begreifen, wie der Inciting Incident mit der Schwäche deines Helden zusammenhängt, was das Motiv des Antagonisten ist und ob dein Held aktiv genug ist. Dementsprechend oberflächlich und nutzlos wäre ein ChatGPT-Lektorat.

Hast du eine Geschichte geschrieben, die von einem Lektorat profitieren könnte? Schicke sie jetzt an kontakt@lektorat-bauer.de und erhalte ein Probelektorat samt unverbindlichem Angebot.
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