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Talking Story

The Texas Chainsaw Massacre [Analyse]

„The Texas Chainsaw Massacre“ ist ein Klassiker des Terror-Kinos. Um zu verstören, greift der Film eine simple Wahrheit auf.

[Massive Spoiler voraus]

Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre ist ein Klassiker des Slasher-Kinos. Von seiner verstörenden Wirkung hat das Machwerk bis heute nichts verloren. Zwischen den Morden erzählt es von wirtschaftlichem Niedergang, gescheitertem Hippietum und dem Wert der Familie. Doch seine bedrückende Kraft zieht der Film aus der beispiellos vollendeten Verfleischlichung seiner Protagonisten. Eine Analyse.

Das Grauen entsteht im Kopf

Sommer 1973. Ein VW-Bus voller Twentysomethings strandet im Nirgendwo des texanischen Hinterlands. Bald darauf macht ein wortloser Hühne mit blutverschmierter Metzgerschürze Jagd auf die fünf Freunde, hängt sie bei vollem Bewusstsein an Fleischerhaken auf und zerstückelt sie mit einer Kettensäge.

„It’s a film about meat“, so Regisseur Hooper und so eindeutig auch seine Inszenierung. Der vermeintlich unschuldigen Diskussion über die Vorteile des Bolzenschussgeräts, das im Gegensatz zum Vorschlaghammer das Vieh sofort tötet, folgt wenig später ein Mord mit Letzterem, der dann auch prompt zwei Schläge erfordert. Die Maske des als Leatherface in die Filmgeschichte eingegangen Mörders besteht aus den Hautfetzen seiner Opfer, also aus Leder. Überhaupt ist die degenerierte Familie der Sawyers nicht zufällig zu kannibalistischen Mördern geworden, sondern führt nur die eigene Familientradition fort. Eine arbeitslos gewordene Schlachter-Dynastie hat das Vieh, nicht aber die Profession gewechselt.

Anstatt die Schlachtung der Opfer minutiös zu zelebrieren, wie es die jahrzehntelange Indizierung des Films vermuten ließe, zeigt Hooper ausgesprochen wenig Gore-Szenen. Das Grauenvolle geschieht, ohne dass der Zuschauer es direkt beobachten könnte. Stattdessen rattert die Kettensäge, wackelt der Holzboden.

Die Parallele zur Fleischindustrie wird hier unübersehbar: Eine verstörende Anonymität hält Einzug im Akt des Tötens. Leatherface bringt diese als gesichtsloser und stummer Täter ohnehin schon mit, die beiläufige, explizit nur im Kopf des Zuschauers stattfindende Gewalt verstärkt dieses Empfinden zusätzlich. Als die letzte Überlebende auf dem Ladedeck eines vorbeifahrenden Pick-Ups entkommt, setzt Hooper seine Schlusspointe. Allem Anschein nach ist das Mädchen wahnsinnig geworden. Ihr Intellekt hat das Grauen nicht überlebt, sie wurde zu Vieh und Vieh wird sie bleiben.

Ein veganes Manifest?

All dies kann man als Kritik am Fleischkonsum verstehen. Wenn eines der Mädchen während der Diskussion zu Beginn des Films um einen Themenwechsel bittet, da sie Fleisch doch eigentlich möge, ist dies in Zeiten von Tierethik und veganer Rügenwalder aktueller denn je. Aber diese Interpretation übersieht die Funktion der implizierten Nähe zwischen Fleisch und Mensch.

Fernab aller intellektuellen Scherereien ist The Texas Chainsaw Massacre vor allem ein Film, der den eigenen Körper erfasst. Die dröhnende Tonspur, die schnellen Schnitte und die unentwegt schmutzige Optik machen den Film zu einem primär sinnlichen Erlebnis. Zu Hitze, Staub und Schweiß gesellt sich erst Blut, dann Spinnweben, Rost, Federn, blanke Knochen. Nichts ist vor dem Verfall gefeit, selbst die Häuser verlottern.

Die eigene Fleischlichkeit erfahren

Das Grauen, das der Zuschauer empfindet, vermischt mit einer Spur von Ekel, speist sich vor allem aus der sorgsam vorbereiteten Animalisierung der Protagonisten. Während die Sawyers bereits zu empathiebefreiten, aber keineswegs gänzlich gefühlslosen Bestien degeneriert sind, erleiden ihre Opfer mit fortschreitender Filmdauer im Ergebnis dasselbe Schicksal, wenn auch auf anderem Wege. Die Tötung per Vorschlaghammer, der Einsatz des Fleischerhakens und die anschließende Verwahrung in der Gefriertruhe reduzieren die Protagonisten brutal auf ihre Körper, auf ihr Fleisch und ihre Knochen. Als die Gruppe sich in das fremde Anwesen begibt, betritt sie ein Schlachthaus und wird selbst zu Vieh.

In der Auflösung dieser anfangs scharf dargestellten Dissonanz zwischen Mensch und Fleisch spielt sich zweierlei ab. Die Menschen werden zu Fleisch degradiert, das Fleisch selbst wiederum feiert die Wiederentdeckung seiner Leiblichkeit. Das gegrillte Rindfleisch von der Tankstelle und die von Leatherface kredenzten Überreste der Opfer haben sich am Ende des Films angenähert. Sie sind nun beide Fleisch und bestehen beide unmissverständlich aus Leichenteilen. Konsequent verneint der Film dabei den immer stärker werdenden Wunsch nach Reinigung, nach Sauberkeit, nach Plastikschachtelidylle.

Insofern stimmt es, wenn man The Texas Chainsaw Massacre eine veganisierende Wirkung unterstellt. Der Film hallt auch dann noch nach, wenn das Steak bereits auf dem Teller liegt. Doch dies bleibt ein Nebeneffekt. Die als Kritik am Fleischkonsum interpretierbaren Szenen fragen nach dem Unterschied zwischen Tier und Mensch. Eine nachdrückliche Antwort auf diese Frage liefern die Sawyers. Aus ihr speist sich die unerreicht verstörende Kraft des Films.

Takeaways

  • Die wirklich großen Monster sind keine oberflächlichen Schablonen des Bösen
  • Beschreibungen und Details sind machtvolle Verstärker einer Grundstimmung, aber bilden nicht selbst die Grundstimmung
  • Foreshadowing ist dann am effektivsten, wenn es mehr als eine Funktion erfüllt und mit einem Teil der Geschichte in Verbindung steht
  • Lass deine Figuren allmählich gegen ihren Willen zu etwas ihrem Wesen Entgegengesetztem werden, um große Gefühle auszulösen

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