Schreibratgeber gibt es wie Sand am Meer. Manche sind gut, andere zweitklassig. Dann gibt es noch die wahren Goldgruben. In diesem Artikel will ich dir daher drei der wertvollsten und außergewöhnlichsten Texte bzw. Bücher über das Schreiben vorstellen, die es meiner Meinung nach gibt. Und die dir hoffentlich nicht alle bekannt sind.
1. Robert McKee: Story
Okay, als erstes ein Klassiker, den jeder kennt (oder kennen sollte). Ich würde es hier nicht aufführen, hielte ich dieses Buch nicht für eine essenzielle Lektüre für jeden Autor (egal ob Drehbuchautor, für die das Buch explizit verfasst wurde, Epiker, Kurzgeschichten-Spezialist oder Kinderbuchautor). Nirgendwo sonst wirst du mehr über Storytelling lernen.
McKee beginnt mit einem Plädoyer für Plot und die Kunst des Storytellings, das an sich schon lesenswert ist und die jahrtausendealte Kunst gegen hochgezogene Augenbrauen verteidigt, die hinter einem gut durchdachten Plot stets Kommerz und bloßes Entertainment wittern. Darauf folgt die wohl beste Einführung in die Begrifflichkeiten des Storytellings, die es zu lesen gibt.
Anschließend diskutiert McKee die Beziehung zwischen der Struktur einer Geschichte und ihrem Genre, dem Setting, den Figuren und ihrer Bedeutung. Wie auch ich immer predige: Alles beeinflusst sich gegenseiting und hängt miteinander zusammen (zumindest sollte das so sein).
Erst danach befasst McKee sich mit dem eigentlichen Aufbau von Geschichten, also mit den Plot Points, dem Inciting Incident, dem Klimax und dergleichen. Im Zuge dessen erläutert er auch die Anatomie einer Szene selbst und die Kunst des Zusammensetzens mehrerer Szenen, also die Komposition einer Story aus ihren Teilen.
Im letzten Teil von Story (deutsche Übersetzung verfügbar, empfehle aber das Original) spricht McKee über die großen und kleineren Probleme des Schreibens einer Geschichte: eine gelungene Exposition, den Antagonisten, das Interesse des Zuschauers bzw. Lesers.
Heraus kommt eine tiefschürfende Analyse der Techniken und Strukturen des Storytellings anhand schillernder Beispiele, weshalb Story für mich eines der ganz großen Bücher über das Geschichtenerzählen ist.
2. 36 Writing Essays by Chuck Palahniuk
Fight Club haben die meisten wohl gesehen, einige vielleicht sogar gelesen. Der Autor des Romans, Chuck Palahniuk, hat aber nicht nur grandiose Geschichten geschrieben (bei einer öffentlichen Lesung seiner Texte sollen 40 Menschen in Ohnmacht gefallen sein), sondern auch 36 Essays über die Kunst des Schreibens (wer googlet, findet auch ein praktisches PDF, keine Übersetzung verfügbar).
Darin schreibt er über so unterschiedliche Themen wie das laute Lesen und die Kunst der kleinen Pausen in Dialogen, bevor er schließlich die erste Version einer Kurzgeschichte präsentiert, in ihrer vorläufigen, schlechen Form, von allerlei Notizen unterbrochen, und den Leser so in die Schreibwerkstatt mitnimmt.
Am Ende der meisten Essays findet sich eine Hausaufgabe für den Leser, die jedem angehenden Autor wärmstens zu empfehlen sind.
Das Besondere an diesen Essays (neben den direkten Einblicken in das Schreibhirn eines lebenden Schriftstellers) sind Palahniuks Reminiszensen an das eigene Erlernen des Handwerks. Immer wieder streut er Anekdoten über seine eigenen Lehrer ein, über seine Fehlschläge und die Diskussionen in den Schreibworkshops. Durch dieses reflexive Moment entsteht ein didaktisch hochwirksamer Ratgeber.
Hinzu kommt Palahniuks unerreicht klare und aufs Nötigste reduzierte Schreibe, die die Essays unheimlich dicht und dynamisch macht. Die besten 160 Seiten über das Schreiben, die ich kenne.
3. Weathers & Winchester: Copy and Compose
Jedenfalls fast. Denn was Winston Weathers und Otis Winchester 1969 in ihrem Buch Copy and Compose zusammengetragen haben, ist nicht von dieser Welt.
Auf ebenfalls knapp 160 Seiten präsentieren sie 27 grundlegende Satztypen, 37 stilistische Satztypen, 18 grundlegende Absatztypen sowie 10 stilistische Absatztypen. Klingt unheimlich technisch und öde. Aber die Analysen und gewählten Beispiele sind derart präzise und voller Bewunderung für die Schreibkunst, dass es jedem Autor die Sprache verschlägt.
Das Prinzip des Buchs lautet, zunächst herausragende Beispiele für einen bestimmten Typ zu präsentieren, ihre Funktionsweise zu erläutern und dann den Leser dazu aufzufordern, den Beispielsatz abzuschreiben (copy), ehe er einen eigenen, der Form nach identischen Satz formulieren soll (compose).
Es geht also zurück auf die Schulbank. Dort erwartet dich aber kein gelbes Reclamheftchen samt Lektüreschlüssel. Copy and Compose wird dein Denken über Sätze und Absätze revolutionieren.
Also mach dich bereit, „The Repetition Sentence (with the Keyword repeated“ kennenzulernen und bald schon deinen eigenen zu entwerfen. Dabei geht es natürlich nicht darum, die Namen der Sätze und Absätze zu lernen wie Vokabeln. Es geht darum, sich des Repertoires bewusst zu werden, das Sprache und Grammatik jedem von uns bereitstellen. Das macht es zu einem der wichtigsten Bücher über das Schreiben.
Da keine deutsche Übersetzung verfügbar ist, sind gute Englischkenntnisse erforderlich. Insbesondere, um die Beispielsätze zu übersetzen und trotz gelegentlicher Probleme bei der Übertragung eigene Varianten entwickeln zu können.
Das Buch ist leider vergriffen, aber es soll digitale Kopien auf Google zu finden geben (PDF).
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Die Welt der Geschichten ist voll von starken Männern und verletzlichen Träumern, kindischen Helden und großväterlichen Sturköpfen. Vielleicht weil Männer gerne männliche Charaktere schreiben, vielleicht weil man Frauen nicht mal in der Fiktion zutraut, ein Schwert zu schwingen. Das hat zur Folge, dass dem angehenden Schriftsteller im Rahmen seiner Ausbildung kaum gelungene Beispiele für das Schreiben einer weiblichen Figur begegnen.
Denn seine Ausbildung besteht vor allem aus Lesen, dem Lesen der Klassiker. Damit nicht schon wieder eine Generation von Autoren heranreift, die dem Entwurf weiblicher Figuren reserviert entgegentritt, verrät dieser Artikel das wohlbehütete Geheimnis, um mühelos grandiose weibliche Figuren zu entwickeln. Doch zunächst ein Blick auf einige absolute No-Gos.
1. Bestehst du den Bechdel-Test?
Der sogenannte Bechdel-Test funktioniert folgendermaßen: Reden in deiner Geschichte zwei Frauen miteinander? Sehr gut. Reden sie über etwas anderes als einen Mann und ist die Unterhaltung trotzdem relevant? Dann hast du ihn bestanden, Glückwunsch! Leider ist das selten der Fall. Denken wir an DerHerr der Ringe. Dort gibt es zwar starke (und gut geschriebene) weibliche Figuren. Galadriel, Arwen, Eowyn – doch diese Figuren reden nie miteinander und auch nicht mit anderen Frauen. Wenn sie es täten, würden sie wahrscheinlich über Aragorn, Frodo oder Sauron reden.
Ist Der Herr der Ringe deshalb ein schlechter Film? Nein. Ist es eine moralisch fragwürdige Geschichte? Nein. Sollte Tolkien nachträglich gecancelt werden? Gewiss nicht. Der Bechdel-Test funktioniert nicht auf der Ebene des einzelnen Films oder Buchs. Es gibt Geschichten, in denen nur eine einzige Frau vorkommt, diese aber die Hauptfigur ist – laut Bechdel-Test würde eine solche Story durchfallen. Und wenn man nun mal eine Geschichte über die Rekrutenausbildung im Japan zur Zeit des Kaiserreichs schreibt, werden in der Kaserne keine Frauen zugegen sein.
Aber auf Makroebene ergibt der Bechdel-Test durchaus Sinn. Hier zeigt er an, wie wenig Geschichten erzählt werden, in denen die Perspektive von Frauen relevant ist. Wenn 15 von 20 oscargekrönten Filmen durchfallen, könnte man im 21. Jahrhundert schon mal die Frage stellen, wieso eigentlich.
Für dich spielt der Bechdel-Test beim Schreiben einer weiblichen Figur oder deiner Geschichte an sich also nur insofern eine Rolle, als du mit ihm hinterfragen kannst, ob du unbewusst alten Vorstellungen gefolgt bist oder eine gewisse Vermeidungstaktik fährst, wenn es um weibliche Figuren geht. Wichtiger für die einzelne Geschichte ist der sogenannte Bauer-Test (hehe).
2. Der Bauer-Test
Um den Bauer-Test zu bestehen, muss deine Geschichte folgende Frage mit einem herzhaften Nein beantworten: Gerät dein Held im Laufe der Geschichte mit einer ihm nahestehenden weiblichen Person in Konflikt, die in der Folge ein Hindernis für das Erreichen seines Ziels darstellt? Ich hoffe nicht. Denn falls doch: Klischeealarm. Und Gähn. Und vermutlich auch: Sexismus.
Wie du als aufmerksamer Leser meines Blogs sicher weißt, hat Moral beim Schreiben für mich nichts verloren. Aber der Bauer-Test hat durchaus moralische Relevanz. Warum zur Hölle können sich Autoren die Frau, Mutter oder Tochter des Helden nur als emotionale, moralisch sensible Mahnerin und Nörglerin vorstellen, die die Probleme des Helden verschärft? Snowden, Breaking Bad (Skylar White), Sicario (hier gibt es keine emotionale Verbindung, aber natürlich ist die moralische Instanz eine Frau), Werk ohne Autor, The Mule, Batman (alle) – man muss nicht einmal ins 20. Jahrhundert ins zurückreisen, um dauernd mit dieser Beziehung zwischen Held und weiblicher Figur konfrontiert zu werden. Sind Frauen für uns immer noch Brutstätte der Hysterie? Verhinderer männlicher Größe?
Doch lassen wir die Moral beiseite. Es macht nicht einmal Spaß! Ab einem gewissen Punkt wurde jede Szene mit Skylar White nervtötend (grandios gespielt von Anna Gunn). Streicht man Emily Blunts Figur aus Sicario ändert das nichts an der Geschichte. Kein einziges Mal tut sie etwas von Belang. Sie versucht, mahnt, will eingreifen, aber wird nur zur Seite geschoben. Bis man selbst als Zuschauer denkt: Genug von dem Moralgesülze, lasst uns Kartellleute killen.
Der Bauer-Test ist also auch auf der Mikroebene relevant und damit für dich als Autorin. Denn er bewahrt dich vor einem der ältesten und langweiligsten Klischees des Storytellings. Mach eine ihm nahestehende Frau nicht zum Hindernis deines Helden. Lass vor allem ihre emotionalen Bedürfnisse nicht zu seinem Problem werden.
Wie immer gilt: Es gibt Ausnahmen. Schreibst du ein Drama über eine Beziehung zwischen Drogensüchtigen, sind sich die beiden natürlich gegenseitig ein Hindernis. Aber auch dann: Lass nicht die Frau das Hindernis sein. Lass die mangelnde Einsicht der beiden, dass ihre Beziehung sie daran hindert, clean zu werden, das Hindernis sein. Kurzum: Gib dir Mühe. Sei kein fauler Autor. Davon gibt es genug.
3. Das Geheimnis, um eine grandiose weibliche Figur zu schreiben
Nun aber zum versprochenen Geheimnis. Hast du es einmal verstanden, wirst du nie wieder Schwierigkeiten haben. Also: Wie schreibt man eine grandiose weibliche Figur?
In dem man es nicht tut.
Schreibe eine Figur. Entscheide anschließend, welches Geschlecht sie haben soll.
Legst du zuerst das Geschlecht fest, wirst du Klischees und Vorurteilen in die Falle gehen. Und warum sollte man sich festlegen? Weil der Held auf jeden Fall heterosexuell ist? Weil man unbedingt eine weibliche Figur braucht oder noch eine (siehe Bechdel-Test)? Das ist alles Unsinn. Schreib grandiose Figuren. Mit Verletzungen, beispiellosen Charaktereinführungen, die alle etwas riskieren. Dann wirst du währenddessen auf Eigenschaften treffen, die mit dem einen oder dem anderen Geschlecht mehr Sinn ergeben oder reizvoller sind. Aber setz dich niemals an den Schreibtisch, um einen weiblichen Charakter an sich zu schreiben.
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Delikate Details, Körperbeschreibungen, Fantasien – in einer literarischen Liebesszene werden Grenzen gesprengt. Dafür ist Literatur ja auch da: Das Leben heranzoomen, ein anderes imaginieren. Doch als Autor lauern gerade hier etliche Fallstricke! Deshalb habe ich in diesem Artikel die wichtigsten Tipps für eine gelungene Liebesszene zusammengetragen.
1. Der Unterschied zwischen Porno und Erotik
Schauwerte sind nichts ohne Kontext. Versteh mich nicht falsch: Natürlich fasziniert mich der Anblick Stonehenges. Aber doch nicht, weil da Steine aufeinander stehen. Sondern weil absurd große Steine von absurd kleinen Menschen vor absurd vielen Jahren dorthin verfrachtet wurden. Und es irgendetwas bedeutet. Menschen, deren Realität nichts mit der unseren gemein hatte, hatten einen Grund für diese Plackerei. Der vielleicht doch etwas über uns verrät. Über die conditio humana. Wow.
Schauwerte plus Kontext sind magisch. Im Grunde gilt für Liebesszenen also dasselbe wie für alles andere: Bedeutung hebt die Dinge vom grauen Hintergrund ab. So entsteht Erotik. Oder ein guter Actionfilm, der ja auch auf Schauwerten basieren zu scheint. Und das tut er. Aber ein wirklich guter Actionfilm erzählt nicht von Explosionen und Verfolgungsjagden. Er erzählt von einem Helden, von einem Motiv, handelt im Subtext von einer Frage. The Matrix war ein visueller Triumph. Aber gesprochen hat man über die Geschichte, die Prämisse. Zum Vergleich: Jurassic World 2 hat Dinos – und trotzdem spricht niemand darüber.
Schreibst du eine Liebesszene, musst du also Kontext herstellen und dem Gezeigten Bedeutung verleihen. Du kannst nicht einfach von Körperteilen sprechen. Bedeutung liegt in deinen Figuren, im Plot und in dem Motiv.
Schreibst du also einen Roman über einen an Alzheimer erkrankten Mann, dann lass ihn Sex haben mit irgendjemandem, aber beschreibe, wie er sich nur an seine verstorbene Frau erinnert und glaubt, noch einmal mit ihr zu schlafen. Schreibst du einen wilden Actionkracher, lass deinen Helden schwer verletzt von seiner Angebeteten pflegen, lass sie die Führung übernehmen, ihm ein Geschenk machen, in der Befürchtung, er müsse sterben.
2. Vergiss deine Figuren nicht
Wie beschreibt man aber einen Liebesakt möglichst gekonnt? Die oberste Regel lautet: Folge deinen Figuren. Ein schüchterner Junge, der sich gegen seinen übermächtigen Vater nicht behaupten kann, wird im Bett nicht zu einem selbstbewussten Casanova. Und ein Kriegsheld wird sich von einem zusammenstürzenden Bett nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Oder gerade er? Unsere Figuren schreiben uns nicht vor, was wir zu schreiben haben. Aber sie definieren Möglichkeiten. Ihnen musst du folgen. Damit triffst du Entscheidungen: Ist dein Kriegsheld traumatisiert? Dann wird er eine Panikattacke kriegen, mitten im Akt, als das Bett zusammenbricht. Wie damals, in der Kaserne, als die Bomben fielen.
Hast du deinen schüchternen Jungen als übergewichtigen Fleischklops beschrieben? Dann stelle etwas mit seinem Fleisch an. Lass es wallen. Oder seine Geliebte umschließen wie Wackelpudding, den sie als kleines Kind liebte.
Hat deine Figur einen Mangel, eine alte Narbe (das sollte sie)? Wie wirkt sich das auf ihren Sex aus? Ist sie trotz dieses Mangels in irgendetwas verdammt gut, etwa wie die Protagonisten in Better Call Saul? Lässt sich diese Fähigkeit auf interessante Weise auf den Sex übertragen? Oder zeigt sich in einer Sexszene erst der Wandel deines Charakters: Der schüchterne Junge packt seine Geliebte, wirft sie aufs Bett und macht Liebe mit ihr, nachdem er seinen Mobbern endlich die Grenzen aufgezeigt hat (Achtung: Klischee).
Du schreibst nicht einfach eine Liebesszene. Du schreibst eine Liebesszene zwischen Figur A und Figur B (und womöglich Figur C-Z). Vergiss das nie.
3. Eine Liebesszene hat einen Ort
So wichtig die Figuren auch sind, solltest du als Autorin nicht vergessen, dass sie sich nicht im Vakuum lieben. Um sie herum passieren Dinge. Stehen Gegenstände. Laufen andere Menschen vorbei. Mach dir das zu nutze. Bette deine Liebenden im wahrsten Sinne des Wortes ein in ihrem Ort.
Oder tue das Gegenteil: Die Bomben fallen auf die belagerte Stadt, die Seiten sind voll von ihrem Lärm. Dann die Liebesszene – und Stille. Das heißt aber nicht, dass die Bomben plötzlich fort sind. Ihr Schweigen verstärkt die Liebesszene nur noch.
Natürlich gilt Punkt 2 auch beim Setting: Was du beschreibst, entspricht der Wahrnehmung deiner Protagonisten. Fallen deiner Figur die Narben an seinen Beinen auf? Gut. Aber auch die Staubkörner auf den Dielen? Das sagt entweder etwas über sie (Charakterisierung) oder ist Ausdruck ihres bereits bekannten Charakters.
4. Schreibe, was du kennst
Du kennst den alten Spruch: Write what you know. Nun, in Liebesdingen wissen wir beileibe nicht alles und können uns auch nicht alles anlesen. Irgendwie bleibt heterosexueller Sex für einen Homosexuellen etwas Abstraktes. Oder SM für den Blümchensex-Liebhaber. Das heißt aber nicht, dass du nicht darüber schreiben kannst.
Wichtiger als Praktiken sind die Gefühle und das Verlangen. Darum dreht sich jede gute Liebesszene. Um das, was sich zwischen den Figuren abspielt: in ihren Köpfen und Herzen. Wenn du also eine tragische Episode schreibst, etwa die letzte Liebesnacht vor der notwendigen Trennung, dann erforsche deine Gefühle. Und erinnere dich, wie es sich angefühlt hat, damals. Würge es hoch. Kotz es aus. Bring es etwas in Form, du weißt schon: Figuren, Narben, Ort, Bedeutung. Et voilà: Deine SM-Szene wird überzeugend sein, obwohl dein krassestes sexuelles Abenteuer die Verwechslung der Damen- mit der Herrentoilette war.
5. Schreibe deine Liebesszenen, als seien deine Eltern bereits tot
Wenn wir schreiben, offenbaren wir uns. Das heißt jedoch nicht, dass wir die Meinungen und Vorlieben unserer Protagonisten teilen. Außenstehende, Freunde, Familie, Feuilleton verwechseln das dennoch gerne. Das kann uns hemmen.
Allein schon „Pimmel“ zu schreiben, mag manchen von uns peinlich sein. Pimmel, Pimmel, Pimmel.
Philip Roth gab dem jungen Ian McEwan daher einmal den Rat, so zu schreiben, als seien seine Eltern bereits tot. Dadurch erreichst du drei Dinge. Erstens verringert es die Scham, die du beim Schreiben verspürst (nicht nur bei Liebesszenen). Zweitens befreit es dich von dem schädlichen Impuls, gefallen zu wollen. Und drittens kannst du dein Manuskript anhand dieses Gedankens selbst lektorieren. Hast du diesen Satz so geschrieben, weil du dich vor den Reaktionen deiner Eltern fürchtetest? Hast du deshalb etwas weggelassen?
Heutzutage muss man diesen Satz vielleicht erweitern. Schreibe so, als sei Twitter nicht existent. Als gäbe es keine Empörungsmaschinerie (wie etwa im Fall von Werk ohne Autor). Moral ist eine gute Sache, meistens. Als Autorin darf sie dich nicht interessieren.
Der Inhalt deiner Texte ist ohnehin per sé amoralisch. Was dein Protagonist tut, ist weder gut noch schlecht in einem realen Sinn. Es passiert ja nicht wirklich. Stirbt deine Heldin, weil sie an das Gute glaubt? Weil sie ihre Liebe frei auslebt? Okay, so what? Das bedeutet nicht, dass du der Meinung bist, man solle das nicht tun. Wer dir etwas anderes erzählt, sollte eine besondere Behandlung deinerseits erfahren: Schreibe, als sei auch er bereits tot.
Hast du einen Text geschrieben, der von einem Lektorat profitieren könnte? Informiere dich über alles, was du über das Lektorat literarischer Texte wissen musst. Oder schicke deinen Text an kontakt@lektorat-bauer.de und erhalte ein kostenloses Probelektorat samt unverbindlichem Angebot. Deine Daten werden vertraulich behandelt.
Eine Kurzgeschichte selbst zu schreiben, ist eine wunderbare Fingerübung für angehende Autoren. Und die Königsdisziplin für alle großen Schriftstellerinnen. Sie verzeiht nichts. Jedes Wort muss sitzen. Doch es gibt einige grundlegende Tipps, die auch unerfahrenen Schreiberlingen den Weg zu ihrer ersten Kurzgeschichte ebnen können.
Beginnen wir mit der Motivation.
1. Wieso eine Kurzgeschichte schreiben?
Eine Kurzgeschichte ist schnell geschrieben und schnell korrigiert. Und dann nochmal korrigiert. Und nochmal. So gelangst du ohne viel Zeitaufwand zu deinem ersten fertigen Text. Dabei lernst du unheimlich viel: Was funktioniert, was nicht, wo liegen deine Stärken, wo deine Schwächen. Wenn du heute einen Roman beginnst, dauert es mehrere Monate bis zur ersten fertigen Version. Dann brauchst du nochmal einen Monat für die erste Korrektur. Und verlierst zwangsläufig immer wieder den Überblick. Was passiert nochmal in Kapitel 43? Eben.
Eine Kurzgeschichte mit maximal 60 Normseiten hingegen ist kompakt, überschaubar und zwingt dich zur eingehenden Auseinandersetzung mit einzelnen Seiten, Absätzen und Zeilen. Der DFB hat kürzlich beschlossen, kleine Kinder nur noch im 3 gegen 3 spielen zu lassen, anstatt 11 gegen 11. Denn so hat jedes der Kinder eine Vielzahl von Ballkontakten. Eine Kurzgeschichte zu schreiben, sichert dir genau das: viel Zeit am Ball.
Auch Feedback erhältst du wesentlich leichter und schneller. Wenn deine Freunde 450 Seiten lesen müssen, kannst du sie danach auch gleich heiraten. Fünf Seiten hingegen sind selbst für den Bekannten aus der Kneipe machbar. Und Feedback ist unentbehrlich für deine Autorinnenreise! Solltest du dich für ein Lektorat deiner Kurzgeschichte entscheiden, ist dieses nicht nur günstiger und schneller fertig, du lernst auch bereits Dinge über das Schreiben, die du vor deinem ersten großen Text vielleicht besser wissen solltest.
Zu guter Letzt: Die Kurzgeschichte ist die Königsdisziplin. Wenn du Fußballer werden willst, versuchst du Roberto Carlos‘ Freistöße zu kopieren. Wenn du Autor werden willst, solltest du keine Abstriche machen. Doch was ist eine Kurzgeschichte eigentlich?
2. Definition einer Kurzgeschichte
Eine Kurzgeschichte lässt sich in einer Sitzung durchlesen. Bei einem Milchkaffee also, in der Badewanne, im ICE. Eine genaue Seitenzahl ergibt sich daraus nicht. Manche Menschen können 60 Seiten am Stück lesen, andere nur fünf. Aber wenn es um die maximale Länge geht, liefert diese Definition trotzdem einen guten Grenzwert: 100 Seiten sind definitiv zu lang.
Eine Mindestlänge gibt es nicht wirklich, auch wenn eifrige Katalogisierer noch die Microfiction oder die Vignette kennen. Doch damit verkompliziert man die Dinge nur: Sind Kafkas frühe Geschichten etwas anderes? Wen interessiert das? Den Leser sicher nicht. Schreib so viele Zeichen, wie es dir richtig erscheint. Ob 100, 1000 oder 10.000 macht keinen Unterschied. Die viel wichtigere und schwierigere Frage lautet: Worüber schreiben?
3. Idee & Thema einer Kurzgeschichte
Du wirst es bei deiner Lektüre gemerkt haben: Jede Kurzgeschichte hat ein Thema bzw. basiert auf einer Idee. Wenn du eine fortgeschrittene Autorin bist, werden dir Ideen kommen, weil du im Fernsehen einen Bericht über ein Klärwerk siehst. Oder einen eigenartigen Menschen triffst. Es macht dann Klick und du erkennst das Potenzial, einen Twist, einen Widerspruch zum Common Sense. Das ist eine antrainierte Mind-Muscle-Connection, also zwischen deiner Wahrnehmung und deinem dicken Schreibmuskel. Am Anfang deiner Schriftstellerkarriere bist du vermutlich noch nicht damit gesegnet. Wie also eine Idee oder ein Thema für deine Kurzgeschichte finden?
Zunächst musst du dir klarmachen, dass eine Geschichte über einen Piraten noch keine Idee und nicht einmal ein Thema ist. Denn es enthält weder einen Plot (was will der Pirat und wieso kann er es nicht kriegen?) noch ein Motiv (Piraten sind die einzigen freien Menschen unter der Sonne).
Eine Idee für eine Kurzgeschichte muss nicht so ausbuchstabiert sein wie jene für einen Roman oder ein Drehbuch. Denn so sind Kurzgeschichten ja: Knapp, abgehackt, auf den Punkt. Aber irgendetwas muss trotzdem erzählt werden. Etwa die Geschichte eines Piraten, der die Braut des Gouverneurs entführt hat, um Lösegeld zu erpressen. Die will aber gar nicht zurück und klaut bei der Übergabe kurzerhand das Piratenschiff.
Beginne mit Gegensätzen
Denke also an Situationen oder Gegenstände, die eindeutig erscheinen, es aber eigentlich nicht sind oder nicht sein müssen (Borchert: Die Küchenuhr). Führe gewöhnliche und absurde Elemente zusammen (Kafka: Die Verwandlung). Entdecke das Besondere im Allgemeinen oder umgekehrt. Lass zwei große Begriffe miteinander konkurrieren, Technik und Natur, Mensch und Tier (Feuchtwanger: Höhenflugrekord). Aus derlei Spannungen muss eine Idee für eine Kurzgeschichte fußen, nicht aus einem Ort, einem Beruf oder einer Zeit.
Dabei folgt eine Kurzgeschichte meist derselben Struktur wie ein Freistoß von Roberto Carlos: Sie zieht nach rechts, nur um sich dann im letzten Moment nach links zu drehen. Dieses Spiel mit den Erwartungen habe ich einem separaten Artikel zur Ideenfindung ausführlich beschrieben. Es führt direkt zu einer Vielzahl von möglichen Ideen.
Es wird dir zudem leichter fallen, eine Idee für deine Kurzgeschichte zu finden, wenn du dich mit dem üblichen erzählerischen Aufbau vertraut machst.
4. Aufbau einer Kurzgeschichte
Wie bereits angedeutet, besteht eine Kurzgeschichte oft aus zwei gegensätzlichen Bewegungen (Tschechows Wanka, Kafkas Das Urteil). Darüber hinaus zeichnet sie sich aufgrund ihrer verdichteten Erzählweise durch eine kondensierte Exposition aus. Man kommt schnell zum Punkt. Dies schließt auch eine reduzierte Figurenauswahl ein. In einer Kurzgeschichte muss jede Figur eine Funktion übernehmen, für ausschweifende Stammbäume bleibt keine Zeit.
Sofern die Kurzgeschichte etwas komplexer strukturiert ist, etwa weil sie schlicht länger ist oder einem klassischen dramatischen Aufbau entspricht, folgt auf die Exposition der Inciting Incident. Dieses auslösende Ereignis setzt die Geschichte in Gang und stellt deinem Protagonisten eine Frage: Steigt er ins Abenteuer ein oder nicht? Dementsprechend wird der Protagonist darauf reagieren, mal kaum merklich, mal deutlich und laut. Und die Frage beantworten. Speziell in Kurzgeschichten kann diese Frage auch subtiler ausfallen und eher eine Bedrohung des harmonischen Zustands vermitteln: Tom und Anna lieben sich, dann kommt Tom nach Hause und legt einen Umschlag auf den Tisch, ohne ein Wort zu sagen.
Anschließend macht sich eine Kurzgeschichte rasch zum ersten Plot Point auf. Dieser ist mitunter stark mit dem Wechsel der Flugbahn bei Roberto-Carlos-Freistößen verwandt: Hier setzt die gegensätzliche Bewegung ein. Manche Kurzgeschichten rasen von diesem Punkt aus auf ihr Ende zu (Wanka). Andere, klassischer komponierte Erzählungen erleben noch einen zweiten Plot Point.
Diese komplexeren Kurzgeschichten lassen sich oft in einer Log Line zusammenfassen: Als (X) passiert, will (P) plötzlich (Z) erreichen, indem er (M) tut, doch (Y) stellt sich ihm in den Weg. Eine solche Struktur entspricht jener großer Geschichten oder der von Drehbüchern und bietet, in der verdichteten Atmosphäre einer Kurzgeschichte, wunderbare Möglichkeiten.
Du siehst also: Als Autorin einer Kurzgeschichte bist du freier in der dramaturgischen Gestaltung. Du bist jedoch nicht von der Herausfoderung befreit, etwas zu erzählen.
5. Weitere Tipps für das Schreiben deiner Kurzgeschichte
Die Hintergrundgeschichten deiner Figuren sind in einer Kurzgeschichte nebensächlich. Sie können zwar wichtig sein und sollten dann auch angedeutet werden, aber niemals sollten sie seitenfüllend ausgebreitet werden. Dafür ist kein Platz. Es ist auch nicht notwendig.
Die Sätze einer Kurzgeschichte sind Fließbandarbeiter: Jeder einzelne verrichtet eine Aufgabe. Entweder treiben sie die Geschichte voran oder sie charakterisieren deine Charaktere. Schreib also nicht: Tom sah Anna hinterher. Es nieselte leicht. Dann klingelte es. Sondern: Tom sah Anna hinterher. Dann klingelte es.
Wenn du einen Schreibimpuls verspürst, folge ihm! Nicht später oder morgen. Jetzt.
Halte Ausschau nach winzigen, aber gewichtigen Pointen. Du suchst nach Blei! Dir kommt eine Idee über zwei rivalisierende Königshäuser, die um einen Drachen kämpfen, der mit dem verschollenen Stein der Weisen kontrolliert werden kann? Viel Spaß mit deinem ersten Romanmanuskript. Besser: Ein Prinz will einen Drachen töten, aber der ist erkältet.
Lies Kurzgeschichten. Alle. Am besten aber: Kurze Kurzgeschichten. Alles unter 10 Seiten. Aufgrund ihrer verdichteten Erzählweise werden sie dir mehr über Storytelling und das Schreiben verraten als alle anderen Medien.
6. Übung zum Schreiben von Kurzgeschichten
Schreibe eine Aussage auf ein Blatt Papier, eine Situation, eine vermeintliche Wahrheit, eine Zustandsbeschreibung. Dann verwende den Rest der Seite darauf, diese Aussage möglichst gekonnt und gewitzt in ihr absolutes, höchst absurdes Gegenteil zu verkehren. Ein Beispiel:
„Es nieselte leicht.
Genau genommen, stimmte das nicht. Was Jack als Nieseln wahrnahm, waren eigentlich ausgesprochen wollige Bindfäden, die aus dem trübgrauen Himmel hingen wie Deserteure an den Bäumen. Sah man genau hin, konnte man gar Teddybärenaugen erkennen, so wollen und von der Feuchte vollgesogen hingen die Fäden vor Jacks Fenster. Wäre er bei Sinnen gewesen und ein weniger tüchtig als ihn die nachlässige Erziehung seiner Mutter hatte werden lassen, wäre er gewiss aus dem Fenster gekraxelt um einmal kräftig jeden einzelnen von ihnen auszuwringen. Doch für Jack blieb der Bindfadenwald in Teddygestalt nur Nieselregen, und in den folgenden Jahren fand niemand zu einer treffenderen Beschreibung des sonnigen Gemüts, das Jack von seinen Mitmenschen unterschied.“
fiktives Beispiel
Von einer simplen Aussage gelange ich zunächst zu blumig absurden Beschreibungen des Gegenteils, dann zu einem Protagonisten und schließlich zu dessen Charakterisierung – ohne dass irgendetwas davon zuvor in meiner Vorstellung existiert hätte. Da es beim Schreiben einer Kurzgeschichte um gegensätzliche Bewegungen geht und, wie bei allen Geschichten, ein Wandel enthalten sein muss, ist diese simple Übung das perfekte Training deines Schreibmuskels. Auf diese Weise kannst du ohne Druck üben, Ideen und Motive für eine Kurzgeschichte zu erkennen. Gleichzeitig lernst du, das Absurde, das Außergewöhnliche in Alltagssituation zu erkennen – ebenfalls ein zentraler Aspekt des Storytellings in Kurzform. Wirf auch einen Blick auf meine anderen Übungen für kreatives Schreiben.
7. Kurzgeschichten veröffentlichen
Kurzgeschichten schreiben, ist nicht einfach. Sie zu veröffentlichen, ist noch schwieriger. Es gibt in Deutschland schlicht keinen Markt, vor allem nicht für Debütanten (Ausnahmen wie Judith Hermann bestätigen die Regel). Deshalb wird meist der umgekehrte Weg eingeschlagen: Ist der Autor eine Marke, druckt man auch dessen Kurzgeschichten.
Mit einem Kurzgeschichtenband wirst du also bei den Verlagen nicht die allergrößten Chancen haben. Außer, sie sind unfassbar gut. Dann ist die Gattung nebensächlich.
Aber nicht verzagen: Du kannst deine Kurzgeschichten natürlich im Self-Publishing verlegen. Oder du versuchst dich bei einer der unzähligen Ausschreibungen bzw. Literaturzeitschriften, die kurze Texte unbekannter Autoren annehmen (vorher unbedingt die Formalia prüfen!).
Eine Absage bedeutet jedoch nicht, dass deine Geschichten schlecht sind. Es gibt einfach nur aberwitzig viele Einsendungen und begrenzten Platz. Lass dich also nicht entmutigen! Und leg die Kurzgeschichten beiseite, für die du keinen Platz finden konntest. Wer weiß, vielleicht bist du eines Tages eine Marke.
Hast du einen Text geschrieben, der von einem Lektorat profitieren könnte? Informiere dich über alles, was du über das Lektorat literarischer Texte wissen musst. Oder schicke deinen Text an kontakt@lektorat-bauer.de und erhalte ein kostenloses Probelektorat samt unverbindlichem Angebot. Deine Daten werden vertraulich behandelt.
Star Wars erzählt die Geschichte von Luke Skywalker, der ein Jedi-Ritter werden will und sich der Rebellion anschließt, um das böse Imperium zu bekämpfen. Nicht wahr? Ja, aber ganz so einfach ist es nicht. Luke müssen erst einige Dinge widerfahren, bevor sich diese Geschichte entspinnt. Dazu gehört vor allem das auslösende Ereignis seiner Story, der sogenannte Inciting Incident (auch auslösendes Moment genannt).
1. Definition des Inciting Incident
Der Inciting Incident setzt die Geschichte in Gang. Um dies richtig zu verstehen, muss die Geschichte vom Medium unterschieden werden. Ein Buch beginnt auf Seite 1, ein Film mit dem ersten Bild, ein Drehbuch mit der ersten Zeile. Aber die Geschichte, die all diese Medien erzählen, beginnt streng genommen erst ein wenig später. Nämlich mit dem Inciting Incident. Bis dahin ist alles nur Vorgeplänkel, also Exposition. Der Protagonist wird vorgestellt, sein Umfeld, die Gegebenheiten seiner Welt und Zeit, womöglich auch schon der Antagonist. Aber all diese Dinge bilden noch keine Geschichte.
2. Unterschied zur Exposition
Denn dafür fehlen Ziele, Hindernisse, ein Konflikt. Dass Frodo im Auenland lebt und Bilbo seinen Geburtstag feiert, ist eine schöne Sache. Sogar Gandalf ist gekommen. Wir haben auch erfahren, dass der dunkle Herrscher Sauron zu Kräften kommt. Doch noch gibt es nichts zu tun. Nur vage Bedrohungen, einige Fragen, Schauwerte, Witz und etwas Grusel. Dann steckt sich Bilbo einen Zauberring an und wird unsichtbar! Das ist der Inciting Incident: Es gibt einen seltsamen Ring in Bilbos Besitz! Und dank der historischen Rückblende zu Beginn weiß der Zuschauer bereits: Es ist der eine Ring! Gandalf kommt in der Folge ins Grübeln, ahnt Böses und begibt sich auf Recherche. Nazguls überqueren derweil die Grenze des Auenlands.
3. Inciting Incident und der Protagonist
Wenn ein Ereignis in deiner Geschichte nichts mit dem Protagonisten zu tun hat, ist es auch nicht der Inciting Incident. Denn das auslösende Moment setzt genau diese eine Geschichte in Gang – keine andere. Und hat daher deinen Helden zum Ziel. Bei Der Herr der Ringe wird diese Regel etwas subtiler befolgt: Denn wenn Bilbo den Ring auf seinen Finger steckt und verschwindet, verrät das etwas über die Macht des Ringes und legt Gandalfs Stirn in Falten. Aber es hat noch keine direkten Auswirkungen auf Frodo. Indirekt allerdings sehr wohl: Es ist immerhin sein Onkel, Bilbo wird ihm eines Tages all seinen Besitz vermachen, also auch den Ring. Und wenn es der eine Ring ist, dann ist Frodo ebenso bedroht wie sein gesamtes geliebtes Auenland.
Zu unterscheiden ist der Inciting Incident vom ersten Plot Point. Dieser spitzt die Lage überraschend zu und beendet den ersten Akt: es geht nun ans Handeln. Das leistet der Inciting Incident noch nicht. Erst als Gandalf mehr über den Ring erfahren hat, tritt er an Frodo heran. Dieser lehnt zunächst ab, will den Ring Gandalf überlassen. Doch selbst für Gandalf wäre die Versuchung zu groß. Im Auenland kann der Ring allerdings nicht bleiben, der Feind ist auf dem Weg. Und so kommt es zu einer Reaktion des Protagonisten auf den Inciting Incident: Frodo akzeptiert sein Schicksal. Es gibt sogar ein einzelnes Bild, das diese Reaktion repräsentiert: Frodos Faust umschließt den Ring.
Hier zeigt sich die Sogwirkung des Inciting Incident auf deinen Protagonisten: Er will früher oder später X erreichen. Aber nicht unmittelbar aufgrund des Inciting Incidents. Gleiches gilt für Luke Skywalker: Die Videobotschaft von Prinzessin Leai ist der Inciting Incident. Aber sie sorgt nicht unmittelbar dafür, dass Luke zu den Sternen aufbricht.
4. Auslösendes Ereignis und der Rest der Story
Der Inciting Incident durchbricht dabei eine Harmonie und verlangt dem Protagonisten alles ab, um diese (wenngleich veränderte) Harmonie wiederherzustellen. Natürlich ist Harmonie, vor allem die herrschende, nicht als Lilalauneland zu verstehen. Gut, bei Frodo schon. Es ist Der Herr der Ringe, also gibt es das absolut Gute und das absolut Böse. Ansonsten aber nicht.
Was ist mit Luke Skywalker? Er lebt ein karges, bedeutungsloses Leben in der Wüste und träumt von großen Abenteuern, die er nie erleben wird. Aber er kommt zurecht. Auftritt R2-D2, samt Videobotschaft. Plötzlich ist der junge Farmer mit dem großen Krieg in der Galaxis verknüpft. Und jemand braucht seine Hilfe. Er kann nicht zurück zu seinem Farmleben, nicht ohne seine Träume und die Rebellion zu verraten. Diese Harmonie ist dahin.
Mit dem Inciting Incident betreteten zwei weitere Storybestandteile die Bühne. Zum einen wird die Hauptfrage der Handlung aufgeworfen: Wird Luke Leia retten? Was hat es mit dem Ring auf sich? Diese Frage kann im weiteren Verlauf natürlich noch verfeinert werden. Noch ist Frodo nicht der Ringträger, denn noch ist nicht bekannt, dass der Ring im Auenland nicht sicher ist. Und das „sicher“ bedeutet, den Ring zu zerstören, wird sich auch erst in Bruchtal herausstellen.
Zum anderen wird eine obligatorische Szene¹ vorweggenommen. Luke wird gegen das Imperium kämpfen, was, wie wir schon bald erfahren werden, bedeutet, gegen den Todesstern zu kämpfen. Irgendjemand wird sich des Rings annehmen müssen, ihn vor Sauron in Sicherheit bringen.
Der perfekte Zeitpunkt für das auslösende Ereignis ergibt sich aus dem bisher Gesagten. Nur in Ausnahmefällen beginnt eine Geschichte mit dem auslösenden Moment. Denn das kostet die Exposition. Fast nie dauert es bis zur Hälfte der Story, ehe er eintritt. Denn das garantiert Langeweile. Irgendwo im ersten Viertel der Geschichte ist er bestens untergebracht.
In der folgenden Grafik findest du einige weitere Beispiele:
5. Dein eigener Inciting Incident
All das mag auf den ersten Blick verwirrend sein. Du wolltest doch einfach deine Geschichte beginnen und jetzt musst du dich mit Fremdwörtern herumschlagen und sollst irgendwelche Regeln befolgen. Doch tatsächlich ist der Inciting Incident eines der wichtigsten dramatischen Elemente überhaupt. Mach den Selbstest! Erzähle deiner Schwester, deinem Freund, die aufregendste Geschichte, die du selbst erlebt hast (möglichst knapp). Du wirst unter anderem von einem auslösenden Ereignis erzählen, das garantierte ich dir. Oder deine Schwester wird dich anschauen und fragen: Ja, aber wieso?
Deshalb kommt auch in jeder guten Log Line ein Inciting Incident vor. Selbst wissenschaftliche Texte haben streng genommen ein auslösendes Ereignis, nämlich ein Problem, dass eine darauf aufbauende Fragestellung motiviert.
Also brich alle Regeln, die du kennst. Aber vergiss nicht den Inciting Incident.
[1] Robert McKee (1997). Story – Substance, Structure, Style and the Principles of Screenwriting.
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Worum geht es in deiner Kurzgeschichte, fragt ein Freund. Um einen Jungen, der …, antwortest du. Brichst ab. Stotterst.
Fühlst du dich ertappt?
Jede Geschichte, sei es ein Roman, ein Film oder eine Kurzgeschichte, lässt sich in einer sogenannten Log Line zusammenfassen – sofern es eine Geschichte ist, die funktioniert. Oftmals schreiben wir jedoch Texte, die sich nicht derart klar auf den Punkt bringen lassen, schreiben und schreiben und enden: im Nichts.
Versteh mich nicht falsch: Auch als sogenannter Pantser kannst du mit dem Schreiben dein Glück finden. Du musst also nicht, wie die sogenannten Plotter, schon vor dem ersten Satz den genauen Aufbau deiner Geschichte im Kopf haben. Einfach loszulegen und sich selbst von den Irrungen und Wirrungen deiner Geschichte überraschen zu lassen, ist durchaus ein probates Mittel. Allerdings: Am Ende, wenn der letzte Satz getippt ist, solltest du dennoch in der Lage sein, eine Log Line zu formulieren.
1. Eine Log Line ist ein Verkaufsargument
Doch wozu das Ganze? Zunächst einmal, wie du in dem peinlichen Gespräch mit deinem Freund vielleicht gemerkt hast, kannst du ohne Log Line deine Story nicht verkaufen. Versuchen wir es:
„Ich habe eine Geschichte anzubieten.“
„Schön, worum geht es?“
„Sie umfasst 12.000 Wörter und ein unerzogener Junge kommt darin vor.“
„Okay, aber wovon handelt sie?“
„Von einem Jungen, der nicht artig ist.“
„Wieso nicht?“
„Weil er aus Holz ist.“
„Wie bitte?“
Du siehst: Selbst ein Meisterwerk wie Pinocchio lässt sich nicht verkaufen, wenn man nicht in der Lage ist, die Handlung in einer Log Line zusammenzufassen. Doch eine Log Line ist nicht nur wichtig, um deine Kurzgeschichte an den Mann oder die Frau zu bringen.
2. Ohne Log Line keine Struktur
Fehlt eine solche oder fällt es dir sehr schwer, sie zu formulieren, könnte dein Text schlicht noch nicht ausgereift sein. Vielleicht fehlt es an einem zentralen Konflikt, womöglich gibt es kein auslösendes Ereignis (Inciting Incident), das deine Geschichte in Gang setzt, oder der Held hat kein klares Ziel. Erläutern möchte ich dir all das am Beispiel von Kurzgeschichten.
Natürlich sind Kurzgeschichten eine besondere Art des Storytellings. Sie fangen einfach irgendwo an, enden unvermittelt (zumindest lernen wir das im Deutschunterricht). Handeln oft von nicht viel. Doch betrachtet man einmal die großen, klassischen Kurzgeschichten, wird schnell klar, dass sie sich alle auf eine großartige Log Line zusammenschrumpfen lassen. Und das ist ihre dritte Funktion: Wenn deine Log Line langweilig klingt, ist es vielleicht auch deine Geschichte.
3. Der Langweile auf der Spur
Ein paar Beispiele:
Die Verwandlung von Franz Kafka: Ein junger Mann, der allein für das Auskommen seiner Familie verantwortlich ist, wacht eines Morgens zum Insekt verwandelt auf und droht, zu spät zur Arbeit zu kommen.
Wanderer, kommst du nach Spa von Heinrich Böll: Ein junger Soldat kehrt zur Versorgung seiner schweren Verletzungen an einen Ort zurück, der ihm seltsam bekannt vorkommt – doch sicher ist er sich nicht.
Hänsel und Gretelvon den Gebrüdern Grimm: Als ein armer Holzhacker seine beiden hungrigen Kinder im Wald aussetzt, verirren sich diese, ehe sie auf ein Lebkuchenhaus stoßen, in dem eine böse Hexe wohnt.
Diese Beispiele weisen jedes für sich einige Besonderheiten auf, die genauer betrachtet werden sollten.
Das Märchen Hänsel und Gretel ist schon seiner Log Line nach eine sehr klassische Erzählform. X passiert (ausgesetzte Kinder), Z wäre die Rettung (Lebkuchenhaus), aber Y kommt dazwischen (böse Hexe). Natürlich folgt darauf noch ein V, nämlich das Happy End, das in der Log Line jedoch nicht erwähnt werden darf – wir wollen die Geschichte schließlich verkaufen.
Etwas weniger traditionell mutet die Log Line von Wanderer, kommst du nach Spa an. Hier fehlen das Z und das Y auf den ersten Blick, nachdem der Soldat eingeliefert wird (X). Nun, vielleicht gibt es keine Rettung, aber doch ein Ziel (Z): Der Soldat will sich vergewissern, wo er ist. In die Quere kommt ihm dabei der fehlende Beweis (Y) und natürlich sein Zustand als Verwundeter. Auch in dieser Geschichte gibt es ein V, das allerdings kein Happy End darstellt, nur eine Lösung des Problems.
Die Log Line zu Die Verwandlung folgt wieder eindeutiger dem bekannten Schema. Ein junger Mann ist plötzlich ein Ungeziefer (X), muss aber den Lebensunterhalt seiner Familie verdienen (Z), wovon ihn sein Zustand und die Reaktion seines Umfelds jedoch abhalten (Y). Das Besondere an dieser Log Line: In ihr drückt sich bereits eine gewisse Absurdität oder Ironie aus. Ein Mann erwacht als Insekt und sein größtes Problem ist, wie er es so zur Arbeit schaffen soll.
4. Eine Log Line allein macht keinen Klassiker
Bölls und Kafkas Log Line zeigen noch etwas anderes. Die herausstechende Qualität eine Erzählung muss nicht in ihr enthalten sein. Bei Kafka ist sie durch die Absurdität zwar angedeutet, aber natürlich ist es das Aufeinanderprallen von Gregor Samsa und seiner Umgebung, die Beschreibung seitens Kafka und dessen Stil, die diese Geschichte in den Rang von Weltliteratur erheben. Noch deutlicher Böll: Die Story selbst gereicht nicht zum Ruhm.
Allerdings sind doch beide Log Lines funktional und wecken Lust auf die Geschichte. Etwas wird erzählt werden. Es geht nicht um einen unartigen Jungen. Der aus Holz ist. Sondern darum: Eine unartige Holzpuppe erwacht zum Leben (X), doch um ein richtiger Junge aus Fleisch und Blut zu werden (Z), muss sie lernen, sich zu benehmen (Y).
5. Bestandteile einer Log Line
Einige der wichtigsten Bestandteile einer Log Line für deine Geschichte sind bereits deutlich geworden. Betrachten wir sie im Detail.
(P): Der Protagonist – Wer erlebt die Geschichte?
Der Protagonist setzt sich in einer Log Line aus einem Substantiv und dem wichtigsten Adjektiv zusammen, das du in deiner Geschichte für ihn ausmachen kannst, meist ein erster Hinweis auf die zentrale Schwäche des Protagonisten. Bei Breaking Bad also: Ein hochintelligenter, aber unterbezahlter Chemielehrer. Bei Batman: Ein verwaister Milliardär. Bei American Beauty: Ein depressiver, in einer Midlife Crisis steckender Loser.
(X): Das auslösende Ereignis (Inciting Incident) – Was setzt die Geschichte in Gang?
Es gibt immer einen Grund, weshalb die Dinge geschehen. Gestern saß ich gemütlich auf dem Sofa, als es plötzlich klingelte. Es waren zwei Pfadfinder, ob ich ihnen kurz helfen könne. Ich folgte ihnen die Straße runter, dort war die Kette von ihrem Fahrrad abgesprungen. Ich half, und war ein Held.
Dasselbe gilt für unsere Geschichten. Bei Breaking Bad: Die Krebsdiagnose. Bei Batman: Gotham braucht einen Retter. Bei American Beauty: Auf einer Schulaufführung verliebt sich Kevin Spaceys Figur in die Schulfreundin seiner Tochter.
(Z): Das Ziel – Was löst alle Probleme?
Jede Geschichte hat ein Ziel. Die Pfadfinder brauchten einen Erwachsenen, um das Fahrrad wieder ans Laufen zu kriegen. Erzählt die Angelegenheit aus ihrer Perspektive, erhält man vielleicht sogar eine spannende Geschichte: Nachdem Schmidt, Müller und Frau Mustermann nicht zuhause waren, sahen sie sich gezwungen, bei Bauer zu klingeln, dem Kerl also, den sie mit ihren Klingelstreichen schon an so manchem Sonntag zur Weißglut getrieben hatten.
Jedenfalls musst du in der Log Line beschreiben, was dein Protagonist will oder braucht. Ziel und auslösendes Ereignis sind dabei meist eng miteinander verknüpft. Was will Frodo? Vermutlich im Auenland ein beschauliches Leben führen, aber dann kommt Gandalf vorbei und zack! Ist er Ringträger (auslösendes Ereignis). Und will zum Schicksalsberg.
Bei Breaking Bad heißt das: Walter will seiner Familie einen Haufen Geld hinterlassen (oder?). Bei Batman: Bruce Wayne will dem Verbrechen das Handwerk legen. Bei American Beauty: Kevin Spaceys Figur will endlich wieder leben – und so für seine neue Liebe attraktiv werden.
(M): Das Mittel – Wie will der Protagonist sein Ziel erreichen?
Wie dir vielleicht aufgefallen ist, fehlt diesen Zielen noch eine Spezifizierung: das angewandte Mittel (M) zum Erreichen dieses Ziels. Walter White wird mit einem seiner ehemaligen Schüler Crystal Meth verkaufen. Batman schnappt sich eine Fledermausmaske und lässt sich mit seinen Milliarden ein verdammtes Batmobil bauen. Und Kevin Spaceys Figur? Sie eskaliert und scheißt fortan auf das Gelaber den anderen. Das Mittel wird nicht immer in einer Log Line zu finden sein. Aber es ist der Ort, an dem man als Autor der eigenen Kreativität freien Lauf lässt. Und wo für den Leser die Musik spielt:
Als ein unterbezahlter Chemielehrer die Diagnose erhält, unheilbar an Lungenkrebs erkrankt zu sein, beginnt er, Sonderschichten bei der örtlichen Waschenanlage einzulegen, um für das Auskommen seiner Familie nach seinem Tod zu sorgen.
Gähn.
(Y): Das Hindernis (evtl.: der Antagonist) – Was steht dem Erreichen des Ziels im Weg?
Ohne Hindernis keine Story. Manchmal ist das auslösende Ereignis zugleich das Hindernis. Gregor Samsa erwacht eines Morgens als Käfer und genau das ist sein Problem. Manchmal ist es das Umfeld. Kevin Spacey sieht sich von Menschen umgeben, die ihm seine neue Lebensfreude nicht gönnen können (Ehefrau, Tochter, Spießbürgertum). Batman, nun ja, der hat richtige Gegner (Joker, Riddler, Bane). Bei Walter White wiederum steckt das Hindernis im gewählten Mittel: Drogen verkaufen ist illegal.
In deiner Log Line muss das Hindernis also auftauchen. Denn andernfalls gibt es keinen Konflikt, keine Aufgabe für den Helden.
Versuchen wir nun, Log Lines für unsere Beispiele zu formulieren, die all die hier angeführten Elemente enthalten. Natürlich wird nicht jede Geschichte jedes Element enthalten – Regeln fürs Schreiben sind immer auch dafür da, um gebrochen zu werden. Erst recht im Rahmen einer Kurzgeschichte, die in vielerlei Hinsicht ein grenzüberschreitendes Genre darstellt. Dennoch sollte der Verzicht auf die Anwendung der Regeln, wenigstens im Nachhinein, bewusst erfolgen – weshalb man sie kennen muss.
Breaking Bad: Als ein unterbezahlter Chemielehrer (P) die Diagnose erhält (X), unheilbar an Lungenkrebs erkrankt zu sein, beginnt er, Drogen herzustellen und zu verkaufen (M & Y), um für das Auskommen seiner Familie nach seinem Tod zu sorgen (Z).
Batman: Als die Heimatstadt eines verwaisten Milliardärs (P) zunehmend in Gewalt und Kriminalität versinkt (X), setzt er sein Vermögen ein, um als maskierter Rächer mit Spezialausrüstung (M) dem schlimmsten Ganoven Joker (Y) das Handwerk zu legen (Z).
American Beauty: Als sich ein in einer Midlife Crisis steckender, unglücklich verheirateter Loser (P) bei einer Schulaufführung in die Freundin seiner Tochter verliebt (X), beschließt er, sein Leben radikal zu ändern (M) und aus der Spießbürgerhölle auszubrechen (Y), um so das Interesse seines neuen Schwarms zu wecken (Z).
In der folgenden Grafik findest du die nach diesem Prinzip erstellten Log Lines bekannter Filme. Kannst du sie alle erraten? Und wo fehlen einige der hier dargestellten Elemente und warum?
6. Letzte Tipps
Zum Abschluss noch ein paar letzte Tipps. Wie bereits erwähnt, enthält die Log Line nicht das Ende deiner Geschichte- du willst etwas verkaufen, nicht analysieren, auch wenn die Log Line dabei hilft.
Außerdem solltest du auf eine aktive Sprache und starke Verben setzen. Dadurch wirken Ziele und Probleme deines Helden dramatischer, lebendiger.
Wenn es dir ferner gelingt, in deiner Log Line eine feine Spur von Ironie oder Absurdität unterzubringen, bist du etwas Großem auf der Spur. Wir haben dies bei Kafkas Die Verwandlung bereits gesehen, aber es gibt weitere Beispiele (Stirb langsam: Ein in einer Ehekrise steckender Cop muss an Weihnachten im Alleingang dutzende Geiseln retten, darunter seine Frau).
Versuche, eigene Log Lines dieser Art zu entwerfen. Halte dich an die Elemente und suche nach ironischen Verbindungen zwischen ihnen. Etwa so:
Als ein eigensinniger Naturforscher (P) eine revolutionäre Theorie über die Entstehung der Arten anhand der Auswahl der besten Gene vorlegt (X), wird er heftig von der Kirche attackiert (Y), da er dennoch beabsichtigt, seine Cousine zu heiraten (Z).
Das ist nur halb fiktiv. Darwin hat wirklich seine Cousine geheiratet. Aber du verstehst, was ich meine: Zwischen dem auslösenden Ereignis und dem Ziel besteht eine ironische Verknüpfung. Meist sorgt diese Verknüpfung dafür, den Helden zu schwächen oder sein Hindernis zu vergrößern. Eine großartige Sache für jede Story.
Und nun: viel Spaß! Du kannst ein Dutzend Log Lines formulieren, bevor du auch nur einen Satz schreibst. Und du kannst dich selbst damit pitchen: Würdest du eine Geschichte lesen wollen, die so beworben wird? Oder hast du sogar Lust, eine davon in eine Kurzgeschichte umzumünzen?
Wenn du Probleme hast, eine Log Line zu entwerfen, kannst du einen Schritt zurückgehen und mit der grundsätzlichen Idee für deine Kurzgeschichte beginnen, die weniger detailliert ausfällt und eher die Pointe der Geschichte in den Blick nimmt. Auch dazu habe ich einen ausführlichen Artikel verfasst. Grundsätzliche Tipps sowie eine praktische Übung für das Schreiben einer Kurzgeschichte findest du in diesem Artikel: Eine Kurzgeschichte schreiben.
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„Ein direktes Zitat sollte nie ohne Ein- oder Ausleitung stehen.“ (Bauer, 2022, S. 1) Außerdem ist es wichtig, auf korrekte Zeichensetzung zu achten.
Kommt dir diese Vorgehensweise bekannt vor? Ganze Sätze direkt zitieren und dann weitermachen, als sei nichts gewesen? Dann hilft dir dieser Artikel sicher. Denn es gibt einige Fallstricke beim direkten Zitieren.
1. Auswahl, Timing & Integration sind entscheidend
Die drei wichtigsten Fallstricke lauten: zu oft, die falschen Sätze und ohne Verbindung zum sonstigen Text.
Um diese Fehler in Zukunft zu vermeiden, müssen wir uns zuerst über den Zweck eines direkten Zitats im Klaren sein. Es gibt zwei Gründe für direktes Zitieren.
Wir wollen eine Aussage als Zitat kenntlich machen (so stumpf, so wahr).
Wir wollen nachweisen, dass Autor X tatsächlich Y gesagt hat, und zwar mit den Worten A B C, nicht mit M N O.
Im zweiten Fall ist die Sache klar: Will ich belegen, dass Götz von Berlichingen tatsächlich „Arsch“ gesagt hat und nicht „Allerwertester“, bleibt mir nichts anderes übrig, als genau diese Stelle direkt zu zitieren. Das ist sozusagen ein direkter Quellennachweis. Die Aussage, der Himmel sei blau, kann ich nur beweisen, indem ich den Himmel zeige. Genau diese Funktion hat ein solches direktes Zitat.
Im ersten Fall ist es etwas komplizierter. Denn eine Aussage kann ich auch indirekt zitieren, also nicht:
„Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“ (Goethe, 1773, S. 146)
Sondern in eigenen Worten:
Der Götz meint daraufhin, er könne ihm den Allerwertesten küssen (vgl. Goethe, 1773, S. 146).
In beiden Fällen verdeutlichen die Quellenangabe und der Kontext, dass es sich um eine fremde Aussage handelt. Warum also nicht immer direkt zitieren? Oder nie?
2. Ein direktes Zitat verursacht Kosten
Prinzipiell gilt: Ein indirektes Zitat verursacht weniger Kosten als ein direktes Zitat. Es fügt sich problemlos in den übrigen Satzbau ein, bewirkt keinerlei Irritationen für den Leser und muss auch nicht weiter erläutert werden. Vergleiche folgende Varianten:
a) Der Klimawandel bedroht die Erde. Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen sind sich darüber einig (vgl. Kimmel, 1999, S. 112). Vor allem das Abschmelzen des Permafrostbodens gilt als große Gefahr (vgl. Meiser, 2005, S. 12; Hemmel, 2008).
(fiktives Beispiel)
Und direkt zitiert:
b) Der Klimawandel bedroht die Erde. „Das ist in allerlei Disziplinen, von der Geologie, über die Historik, bis hin zu den Sozialwissenschaften allgemeiner Konsens“, so Kimmel (1999, S. 112). Außerdem ist laut Meister „ein Verlust des Permafrostbodens eine gewaltige Bedrohung für Flora und Fauna“ (2005, S. 12).
(fiktives Beispiel)
Die Variante mit indirekten Zitaten ist deutlich angenehmer zu lesen und bringt die Sache auf den Punkt. Die direkten Zitate hingegen verwässern, verkomplizieren und ermüden die Leserin.
3. Direktes Zitieren muss sich lohnen
Ein direktes Zitat verursacht also Kosten. Umgekehrt bedeutet das: Um seine Anwendung zu rechtfertigen, muss deine wissenschaftliche Arbeit oder der es enthaltende Absatz davon profitieren. Folgende Kriterien können dafür herangezogen werden:
Das Zitat ist…
…eine prägnante Formulierung, die sich kaum kürzen oder umformulieren lässt.
…eine Formulierung, deren Bedeutung für deine wissenschaftliche Arbeit in ihrer genauen Wortwahl liegt – das führt uns zurück zum eingangs genannten Grund 2.
Behandelt deine Bachelorarbeit also den Gebrauch von Vulgärsprache in der Weimarer Klassik, solltest du den Götz direkt zitieren: weil du einerseits nachweisen musst, dass er das so und so gesagt hat, und weil du andererseits natürlich das vulgäre Wort nicht ersetzen solltest.
Ein Beispiel für eine prägnante Formulierung wäre hingegen:
Hobbes spricht dahingehend von einem „Krieg aller gegen alle“ (1642).
Wie sollte man das umformulieren? Es ist perfekt. Was perfekt ist, darf direkt zitiert werden. Muss sogar, weil wir uns nicht anderes ausdenken können, um dasselbe zu sagen. Und weil nun diese Umformulierung den Text verkomplizieren, verwässern und für den Leser ermüdend machen würde.
Natürlich stößt man auch hier an Grenzen. Unentwegt perfekte direkte Zitate aneinanderzureihen, ist ebenso ermüdend. Versetze dich in die Lage deiner Leserin: Kann sie die Zitate noch aufnehmen? Oder solltest du ihr ein paar Zeilen Pause gönnen?
4. Direkte Zitate immer ein- oder ausleiten
Nun haben wir zwei der drei häufigsten Fehler im Umgang mit direkten Zitaten geklärt: zu oft und die falschen Sätze. Bleibt der dritte: die fehlende Verbindung zum sonstigen Text. Ein Beispiel:
Der homo erectus lebte vor 120.000 Jahren in Südeuropa. „Die Gattung homo schlug die Augen als Affe zu und in Gestalt des homo erectus als Mensch wieder auf“ (Breeg, 1998, S. 34). Außerdem ernährte er sich bereits von gejagtem Großwild.
(fiktives Beispiel)
Das Beispiel zeigt einen beliebten Fehler: Das direkte Zitat wird behandelt, als hätte man es selbst gerade geschrieben – was natürlich nicht der Fall ist. Der Erzähler spricht in einer Stimme. Lässt dudie Quellenangabe weg und liest den Abschnitt deiner Mutter vor, kann sie nicht erkennen, dass darin ein direktes Zitat enthalten ist. Das darf nicht sein. Korrekt wäre:
Der homo erectus lebte vor 120.000 Jahren in Südeuropa. Breeg verdeutlicht die Bedeutung dieser Art: „Die Gattung homo schlug die Augen als Affe zu und in Gestalt des homo erectus als Mensch wieder auf“ (1998, S. 34). Er ernährte sich bereits von gejagtem Großwild.
(fiktives Beispiel)
Hier wird das Zitat eingeleitet, ein Bezug zum übrigen Text hergestellt und mit der falschen Einheitsstimme gebrochen. Mama versteht jetzt, dass es sich um ein Zitat handelt, ohne aufs Blatt zu sehen. Und der Text reiht nicht mehr bloße Fakten aneinander, mal zitiert, mal auf eigenen Mist gewachsen. Denn genau das gilt es zu vermeiden: Aneinanderreihungen.
Wenn du Zitate aber nicht aus- oder einleitest, entstehen zwangsläufig Aneinanderreihungen. Nichts ist langweiliger zu lesen (und zu schreiben). Nichts enthält weniger geistige Leistung. Ein Affe könnte derlei Fakten aneinanderreihen. Sei kein Affe. Sei ein Mensch. Ordne ein. Verknüpfe. Stelle Zusammenhänge her. Lege Widersprüche offen. Wie? In dem du zunächst einmal damit beginnst, direkte Zitate ein- oder auszuleiten.
Es gibt eine Ausnahme für den eben angebrachten Mama-Test: Wenn du das Zitat kürzt, darfst du auch Sätze formulieren, die man nicht allein durchs Hören als zumindest teilweise zitiert erkennt. Diese Art direktes Zitat sieht etwa so aus:
Der homo erectus war in erster Linie ein Fleischfresser, wozu ihn seine „außerordentliche Ausdauer bei der Großwildjagd befähigte“ (Timon 2004, S. 55) und die die Vorteile des aufrechten Gangs unterstreicht.
fiktives Beispiel
Bevor wir das Thema mit den Formalia schließen, zeigt die folgende Grafik noch einige der hier geschilderten Punkte in zusammengefasster Form.
5. Formalitäten beim direkten Zitieren
Außen vor gelassen wurden in dieser Anleitung bislang die formalen Bestimmungen. Diese weichen ohnehin voneinander ab und sollten dir im Laufe deines Studiums hinreichend erklärt werden. Andernfalls stehen sie in deiner Prüfungsordnung. Was man dir nicht erklärt, ist, dass es sich bei wissenschaftlichen Arbeiten ebenfalls um Prosa handelt (bis auf wenige Ausnahmen). Und Prosa darf nicht zu oft fremde Gedanken 1:1 wiedergeben. Erst recht keine schlecht formulierten. Und sie darf sie nicht aneinanderreihen. Das unterscheidet eine gute wissenschaftliche Arbeit von einer schlechten. Und bereitet erst den Boden, um anhand eines gelungenen Aufbaus wirklich neue Erkenntnisse zu generieren.
Zwei formale Sachen soll jedoch noch Erwähnung finden. Erstens: Direkte Zitate, die länger als drei Zeilen sind, müssen anders formatiert werden. Unabhängig von deinen genauen Vorgaben, sei es nun die deutsche Zitierweise in Fußnoten, APA-Style oder Chicago. Meist werden sie einen Zentimeter eingerückt, stehen in einem neuen Absatz und mitunter wird der Zeilenabstand (1,0) ebenso verringert wie die Schriftgröße (10 Pt.).
Zweitens: Das Ding mit dem Punkt. Lange, eingerückte direkte Zitate stehen vollständig mit Satzzeichen, danach folgt die Quellenangabe. Also etwa so:
Formalia tun manchmal weh, wie folgendes Zitat veranschaulicht:
„Alles schmerzte. Die Fingerkuppen vom Tippen, die Zunge vom Befeuchten derselbigen, und erst recht die schwer beringten Augen. Sie hatte Recht, das stand gar nicht zur Debatte, aber sie musste den Nachweis erbringen und das hieß: Schmerzen um der Form willen.“
(Bauer 2022, o. S.)
Innerhalb des Fließtextes, bei kürzeren Zitaten, steht der Punkt jedoch nicht im Zitat, sondern hinter der Quellenangabe:
Vor meinen Augen bloß noch: „Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht“ (o. V., 1905, S. 23).
(fiktives Beispiel)
Ist dir das beim allerersten Zitat ganz zu Beginn des Artikels bereits aufgefallen? Nein? Dann achte von nun an bei deinen eigenen Arbeiten darauf.
Jetzt weißt du alles über die hohe Kunst des direkten Zitierens in wissenschaftlichen Arbeiten. Fragst du dich, ob deine Abschlussarbeit von einem wissenschaftlichen Lektorat profitieren könnte, obwohl du die richtige Zitierweise jetzt bestens beherrschst? Dann schreib mir und erhalte ein kostenloses Probelektorat.
Jede große und kleine Geschichte ist im Kern auf eine Verletzung des Helden zurückzuführen.
Der Drachentöter Siegfried! Die Ferse Achilles!
Große Helden haben eine Schwäche, einen Mangel. Dieser Mangel ist die Folge einer Verletzung: Achilles ist das Kind einer Göttin und eines Sterblichen. Deshalb taucht ihn seine Mutter in den Styx, ihn von der Sterblichkeit zu befreien. Hält ihn dabei an der Ferse fest.
Aber in der Verletzung liegt meist auch eine Chance: zu wachsen, zu reifen, oder ihren Effekt gar als Waffe einzusetzen (Siegfried ist quasi unverwundbar).
Eine gelungene Story wird daher eine solche Verletzung beinhalten und daraus den Charakter ihres Helden bestimmen: Nemos Vater hat seine Frau und all seine Kinder verloren, 999. Das ist seine Verletzung. Deshalb ist er ein Helikopter-Vater (das ist der Effekt). Deshalb wagt sich Nemo zu weit raus und wird entführt (da beginnt der Plot).
Wäre er einfach nur ein Helikopter-Vater – wen würde das interessieren? Aber die Verletzung erklärt sein Verhalten und macht die Sache für uns Zuschauer relevant.
Ein Beispiel:
Luke Skywalker träumt von großen Abenteuern, davon Pilot zu werden, aber muss mit seinen Zieheltern leben und auf deren Farm nach dem Rechten sehen (denkt er). Was fehlt ihm? Glaube an sich selbst! An Möglichkeiten, die es gibt, die es für ihn gibt. Wir wissen nicht genau, was der Grund für diesen Mangel ist. Das ist nicht immer wichtig, oft genügen Andeutungen, aber irgendetwas hat ihm diese Überzeugung genommen.
Er trifft schließlich Obi-Wan, seine Zieheltern werden ermordet und das Abenteuer ruft nach ihm. So brutal das klingt: Seine Zieheltern mussten sterben, denn andernfalls wäre er dem Ruf des Abenteuers nie gefolgt. Zu störrisch, zu verbohrt, zu ungläubig ist er. Dann erfährt er von seinem Vater, lernt erste Dinge bezüglich der Macht, bleibt aber recht distanziert dazu. Und was passiert, als er im großen Finale den Todesstern zerstört? Er verzichtet auf den Computer, mit dem alle Piloten vor ihm gescheitert sind, und vertraut auf die Macht. Boom!
Die Macht des Star-Wars-Universums ist am Ende Lukes eigener, im Vergleich winziger Charakterbogen ins Große projiziert: Luke fehlt der Glaube an sich und die Welt. Allerdings gibt es etwas in ihm, mit dem er alle seine Träume von Abenteuern und Bedeutung erfüllen kann. Der Haken: Um es einzusetzen, muss er, naja, daran glauben und von sich überzeugt sein.
Was ist die dunkle Seite der Macht? Nicht daran glauben, nicht an sich, an das Gute, und daher den einfachen, schnellen Weg wählen. Letztlich lässt sich also die gesamte Story von Krieg der Sterne auf die Verletzung, und den daraus resultierenden Mangel des Helden Luke Skywalker zurückführen – das ist grandios geplottet.
Wenn eine Geschichte nicht recht funktioniert, frage dich daher, ob folgendes darin enthalten ist: Ein Held, der eine Verletzung hat, die ihn von seinem Ziel abhält, weil er sich aufgrund dieser Verletzung so und so verhält, der diese Verletzung aber heilen kann im Laufe des Abenteuers, und dann, deshalb!, auch sein Ziel erreicht.
Hast du einen Text geschrieben, der von einem Lektorat profitieren könnte? Informiere dich über alles, was du über das Lektorat eines Romans wissen musst. Oder schicke ihn an kontakt@lektorat-bauer.de und erhalte ein kostenloses Probelektorat samt unverbindlichem Angebot. Deine Daten werden vertraulich behandelt.
Sam starrte auf die Fersen seines Kontrahenten. Dessen dämliche Rückennummer, die 7, flackerte im aufkommenden Seitenwind. Sams Nummer, die 113 oder die 131, sie wechselte jedes Mal, klebte noch immer fest an seinem Rücken. Vielleicht ist das ein Vorteil, dachte Sam. Vielleicht gleicht das die langen Haare aus, die er zu einem Zopf zusammengebunden hatte und die alles andere als windschnittig waren.
Am Streckenrand brutzelte Heiner Rostbratwürstchen über Holzkohle. Der Duft erinnerte Heiner an seine Kindheit auf dem Lande. Dem Rennen schenkte er keine Aufmerksamkeit. Für ihn ging es darum, die Würstchen gleichmäßig zu bräunen, ohne sie platzen zu lassen. Er war ein einfacher Kerl mit einfachen Würstchen.
Als sie um die Kurve bogen, begang Sam seinen ersten Fehler. Er blickte auf, gen Horizont, und sah den Heartbreak Hill in seiner ganzen furchteinflößenden Länge dahinter verschwinden. Die 7 beschleunigte. Jetzt muss ich mithalten, dachte Sam und in seinem Kopf hallte das Bild des nicht enden wollenden Hügels nach wie ein Alptraum am Morgen.
Der Abstand zwischen der 7 und Sam wuchs an. Sams Waden schmerzten. Noch immer starrte er gen Horizont als erwarte er die Ankunft der rettenden Marine. Dann löste sich die Rückennummer seines Kontrahenten, wirbelte auf und landete feucht und weich in seinem Gesicht. Sam riss sich den Fetzen von den Augen. Heiner biss in eine Wurst, dass das Fett an seinen Mundwinkeln herausspritzte. Bald würde Fußball kommen, und er erhöhte die Lautstärke des Radios. Sam aber heftete seinen Blick wieder an die Fersen seines Kontrahenten. Was kümmert es mich, dass er immer mit der 7 aufkreuzt, dachte er. Was kümmert mich meine 113 oder 311. Da kamen die Hacken näher und der Seitenwind legte sich hinter Sams Rücken.
(fiktives Beispiel)
In dieser beispielhaften Kurzgeschichte geht es um Sam, der ein Rennen gewinnen will, aber vom Status seines Kontrahenten zu beeindruckt ist. Erst als dessen einstellige Rückennummer abreißt, wird Sam klar, dass er selbst alles mitbringt, um zu gewinnen. Und dann ist da noch Heiner, der am Streckenrand Würstchen grillt und sich auf Fußball freut.
Die Kurzgeschichte hat also drei Charaktere: Sam, Nummer 7 und Heiner. Sam ist der Protagonist, Nummer 7 der Antagonist. Was aber ist Heiner? Heiner erlebt seine eigene Geschichte. Seine Würstchen haben nichts mit dem Rennen zu tun, er scheint nur zufällig seinen Grill am Streckenrand angeheizt zu haben. Das ist völlig in Ordnung, wenn du in deiner Geschichte zwei Geschichten erzählen willst. Aber in einer Kurzgeschichte ist dafür kein Platz. Jeder Charakter muss die eine Geschichte vorantreiben, die du erzählen willst. Tut er das nicht, ist er entbehrlich und sollte gestrichen werden. Einen schönen umgekehrten Test bietet die Frage nach dem Risiko, das die Figuren eingehen. Haben sie keines, solltest du sie genauer unter die Lupe nehmen.
Personen sind keine Figuren
Das gilt natürlich nicht für Figuren, die als Teil der Szenerie beschrieben werden:
Ich sprach mit niemandem, wenn ich Bus fuhr. Nicht mit der Oma, die vorne neben dem Busfahrer saß und ihre Handtasche auf ihrem Schoß trug. Nicht mit dem Araber, der auf sein Handy starrte. Nicht mit den Schulkindern. Aber ich beobachtete sie genau. Und dann, wenn ich den Moment erkannte, stach ich zu. „Bss, Bss“, triumphierte ich.
(fiktives Beispiel)
Hier treten gleich drei Personen auf, die die Handlung nicht vorantreiben, allerdings sind die Worte „Charakter“ oder „Figur“ für diese Personen auch übertrieben: Es sind Statisten, sie bilden den Kontext und die Welt, in der die Geschichte spielt.
Was aber bedeutet Handlung vorantreiben? Es ist ganz einfach: Die Charaktere deiner Kurzgeschichte, die nicht Protagonist oder Antagonist sind, müssen den Fortschritt deines Protagonistens behindern oder befördern. Das ist alles.
Jeder Charakter braucht eine Funktion
Würde Heiner eines seiner Würstchen auf Sam werfen und ihn damit zur Besinnung bringen, könnte er Teil der Geschichte bleiben. Würde er die noch glühenden Kohlen achtlos auf die Strecke werfen und Sam deshalb buchstäblich über glühende Kohlen laufen müssen, um zu gewinnen – Heiner wäre gerettet. So aber bleibt ihm nur der Tod.
Die Anforderung an unsere Charaktere, den Protagonisten auf seinem Weg zum Ziel zu unterstützen oder zu behindern, engt die möglichen Arten von Nebenfiguren ein: Es gibt Mentoren (Obi-Wan Kenobi, Yoda), Helfershelfer des Antagonisten (Boba Fett), mentale Unterstützer (Galadriel im Traum, Obi-Wan als Machtwesen), Torwächter (Balrog, Watto), Geliebte (Arwen, Padme) u. v. m. Was es nicht gibt oder jedenfalls nicht geben sollte: Figuren, die einfach nur existieren. Schneide sie aus deinen Geschichten heraus.
Grundsätzliche Tipps und eine praktische Übung für das Verfassen von Kurzgeschichten findest du in diesem ausführlichen Artikel: Eine Kurzgeschichte schreiben.
Hast du einen Text geschrieben, der von einem Lektorat profitieren könnte? Informiere dich über alles, was du über das Lektorat literarischer Texte wissen musst. Oder schicke ihn an kontakt@lektorat-bauer.de und erhalte ein kostenloses Probelektorat samt unverbindlichem Angebot. Deine Daten werden vertraulich behandelt.
Jede gute Kurzgeschichte basiert auf einer Idee. Diese Idee kann vielerlei Formen annehmen, so wie eine Kurzgeschichte von einer Emotion, einer Frage, einer vermeintlichen Antwort, einem Ort oder einer Figur handeln kann – und von vielem mehr. Allerdings hilft das dem angehenden Autor nicht weiter. Wie kommt man auf eine solche Idee? Gibt es Strukturen, anhand derer sich das Wesen einer solchen Idee verstehen und in der Folge leichter reproduzieren lässt? In diesem Essay will ich dir einige dieser Strukturen aufzeigen.
1. Halte Ausschau nach enttäuschbaren Erwartungen
Anton Tschechow liefert mit seiner Kurzgeschichte Wanka ein glänzendes Beispiel für eine solche Struktur [Spoilerwarnung].
In dieser Kurzgeschichte schreibt der 9-jährige Waise Wanka heimlich einen Brief an seinen Großvater. Darin bittet er ihn, sich bei ihm aufzunehmen, da ihn sein Lehrmeister schlecht behandelt und er der Hölle, in der er lebt, entkommen möchte. Dann steckt er den Brief in den Umschlag und beschriftet ihn: „An Großväterchen“.
Dem Leser wird nach der Schilderung von Wankas Leiden und bei aufkommendem Mitgefühl plötzlich klar: der Brief wird den Großvater nie erreichen. Ein Schlag in die Magengrube. Vorhang. Tusch. Ende der Kurzgeschichte.
Um das Großartige an Tschechows Geschichte zu beschreiben, ist es nicht nötig, auf seine Sprache oder seine Figur einzugehen. Das könnte man freilich tun, aber bereits die Idee allein genügt. Die Umsetzung in einen Text mit Sprache und Figuren folgt erst an zweiter Stelle. Am Anfang (und am Ende) steht die Idee.
2. Struktur & Motiv = Idee
Dabei lohnt ein genauerer Blick. Losgelöst von jeglichem Inhalt, passiert Folgendes: Eine Erwartung wird aufgebaut, Hoffnung, Mitgefühl – ehe alles jäh vernichtet wird. Das klingt banal und geradezu unterkomplex. Das ist es auch. Humor funktioniert oft ähnlich: Erwartung aufbauen, Erwartung überraschend enttäuschen. Diese Struktur mit Leben zu füllen, das heißt mit Motiven und Zusammenhängen, ist das eigentliche Kunststück. Nur weil du verstanden hast, wie Humor funktioniert, fallen dir noch keine guten Witze ein. Auch bei Tschechow ist es nicht die, einmal erkannt, simple Struktur allein, sondern die Kombination aus Struktur und Motiv.
Das Motiv, das die Struktur mit Leben füllt, ist kindliches Leid, das in der Abwesenheit von erwachsener Fürsorge nicht beendet werden kann. Doch Halt: Das Kind schreibt einen Brief. Und erbittet sich darin genau diese Fürsorge. Hoffnung keimt auf. Dann wird deutlich, dass das Kind zwar für sein Alter schon verdammt viel (zu viel) über den Schmerz weiß, aber nichts über die Mechaniken des Briefeschreibens. Die Adressierung des Briefes folgt kindlicher Naivität. Hier hat sie sich erhalten. Der Leser lässt alle Hoffnung fahren.
3. Der Struktur in den Kaninchenbau folgen
Nun kann eine solche Idee im Vorfeld feststehen oder erst beim Schreiben selbst entstehen. Ohne eine solche Idee (die, ich werde nicht müde, es zu betonen, unendliche Formen und Strukturen annehmen kann) wird deine Kurzgeschichte aber oft ins Leere laufen. Kein Tusch. Kein Ende. Sei daher wie Alice: Fang nicht irgendwo an zu graben, sondern warte auf ein Kaninchen, dem du in seinen Bau folgen kannst. Dieses Kaninchen ist die Struktur. Die Abenteuer, das Schrumpfen, Wachsen, die Grinsekatze – das sind die Motive.
Wenn du nach einer Idee für deine Kurzgeschichte suchst, versuche also, dich zunächst auf eine Struktur festzulegen (X aufbauen, damit Z machen; X zerstören, dabei Z aufbauen usw.) und diese dann mit passenden Motiven zu füllen. Etwa folgendermaßen:
Struktur: Unter großer Anstrengung versucht der Protagonist, X zu erreichen, indem er es erreicht, passiert jedoch Z und stürzt ihn ins Verderben.
Motiv: Man kann sein Leben für eine Aufgabe opfern, aber man kann nie gewiss sein, dabei das Richtige zu tun.
Idee: Hans baut jahrelang unter größter Mühe eine Brücke über den Fluss, nur um dann festzustellen, dass er den Schwarzen Reitern damit den Zugang zu seinem Dorf ermöglicht hat.
4. Artverwandt: Plot Points
Hilfreich dabei kann der erste Plot Point deiner Geschichte sein. Tschechows Kurzgeschichte ist so kompakt geschrieben und auf diese eine Wechselwirkung ausgelegt, dass sich ihn ihr kein rechter Plot Point ausmachen lässt. Nehmen wir daher Das Urteil von Franz Kafka.
Darin überlegt ein Mann lange, ob er seinem Freund in Sankt Petersburg von seiner Verlobung berichten soll. Als er sich schließlich dazu entschließt, berichtet er seinem Vater davon. Doch dieser stellt in Zweifel, ob es den Freund überhaupt gibt – der erste Plot Point. Auch hier zeigt sich also eine Entwicklung, die kurz darauf in ihr Gegenteil verkehrt wird. Die Geschichte nimmt so erst richtig Fahrt auf, wird verworrener, düster, bevor ein weiterer Plot Point das Ende einleitet.
Auf der Suche nach einer Idee solltest du dich jedoch zunächst nicht mit Plot Points befassen. Das gehört zur Umsetzung der Idee. Plot Points in Filmen oder Geschichten zu identifizieren, kann allerdings hilfreich sein, um das Wechselspiel zwischen Erwartung und Enttäuschung zu verinnerlichen.
Auf einer übergeordneten Ebene kann auch Das Urteil auf die Struktur X passiert, dann jedoch Z heruntergebrochen werden: Alles scheint in Ordnung, der Vater gibt den Staffelstab allmählich weiter und der Sohn leitet die Geschäfte mit zunehmender Dominanz – dann aber kommt alles ganz anders, der Vater deckt geheime Machenschaften des Sohnes auf und verurteilt ihn zum Tode.
5. Eine ausbuchstabierte Idee: Die Log Line
Die Log Line fasst die Handlung deiner Geschichte, abgesehen vom Ende, in einem prägnanten Satz zusammen. Sich eine solche zu überlegen, ist sehr hilfreich für jede Art von Geschichte, aber auch für Kurzgeschichten im Speziellen. Deshalb habe ich der Log Line einen eigenen, umfangreichen Artikel gewidmet. An dieser Stelle sei daher nur gesagt, dass die Idee zu einer Kurzgeschichte nicht alle Elemente einer Logline enthält, während die Log Line, bis auf das Ende, alle Elemente der Idee umfasst. Ein Beispiel: Max Frischs Der andorranische Jude.
Struktur: Der Protagonist sieht sich aufgrund seiner Eigenschaft Z der Behandlung X ausgesetzt, bis schließlich herauskommt, dass er Z gar nicht besaß.
Motiv: Nationalitäten, Vorurteile, Rassismus, Antisemitismus und die Blindheit, die sie in einem hervorrufen.
Idee: Ein Jude wird von seiner Gemeinschaft ausgegrenzt und missachtet, eben weil er Jude ist, bis er schließlich von einem Teil dieser Gemeinschaft getötet wird. Später erfährt man, dass er ein Findelkind gewesen ist, und somit Einheimischer wie alle anderen.
Die Log Line hingegen enthält noch weitere Elemente.
Log Line: Als ein Jude in Andorra aufgrund seiner Herkunft von der dortigen Gemeinschaft missachtet wird, beginnt er, an sich zu zweifeln und zunehmend die ihm zugeschriebenen Eigenschaften zu übernehmen, obwohl er doch eigentlich nur dazugehören will – was die Abneigung gegen ihn nur weiter verschärft.
Die Log Line ist also deutlich handlungsbezogener: Der Protagonist und seine Schwächen werden betont, sein Ziel, das dafür angewandte Mittel und das auftauchende Hindernis. So etwas denkt man sich nicht aus, bevor man eine Ahnung hat, welche Struktur, welches Motiv und damit welche Idee man seiner Kurzgeschichte überhaupt zugrundelegt. Im Nachhinein ist die Log Line jedoch ein hervorragendes Werkzeug, um die Stimmigkeit und Geschlossenheit der eigenen Geschichte zu überprüfen: Fällt es dir leicht, eine Log Line zu formulieren?
6. Ist das nicht alles zu technisch?
Stimmt schon: Wenn wir an Literatur und an den Kuss der Muse denken, haben wir nicht irgendwelche abstrakten, inhaltsleeren Strukurdimensionen im Kopf.
Aber du hast diesen Artikel angeklickt, weil es dir schwerfällt, Ideen zu entwickeln. Das bedeutet übersetzt: Du hast deren Zusammensetzung noch nicht verinnerlicht. Es ist wie beim Fußball. Natürlich wollen wir gerne den neuesten Trick von Ronaldo nachahmen und unseren Gegenspieler spektakulär aussteigen lassen. Und wenn wir das tun, können wir auch nicht mehr über die einzelnen Schritte nachdenken, dann geht es ruckzuck, instinktiv. Aber um den Trick zu lernen, müssen wir uns anschauen, wann wir mit welchem Teil des Fußes wo den Ball berühren müssen.
Genau dabei hilft dir dieser Artikel. In der folgenden Grafik sind noch ein paar Beispiele aufgeführt, wie sich aus Struktur und Motiv eine Idee ergibt:
Solltest du noch anderweitig Schwierigkeiten mit dem Verfassen einer Kurzgeschichte haben, hilft dir mein Artikel über grundsätzliche Tipps samt praktischer Übung weiter: Eine Kurzgeschichte schreiben.
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